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The Almer EssEssWie muß nach Europa

■ Wer soll als letzter Klub in die Fußball-Bundesliga aufsteigen? Der Karlsruher SC – ne. Hannover 96 – um Fußballgottes Willen. Also, herzlich willkommen SSV Ulm. Ach, das sagt jeder?

Erstligaland (taz) – Hand aufs Herz, solange es nicht badisch schlägt: Möchte man den Karlsruher SC im August schon wieder in der ersten Liga sehen? Ehrlich gesagt, zur Gänze überhaupt gar nicht. Nein, der KSC hat noch nicht fertiggebüßt für seine badenwahne Großspurigkeit vor Zweijahresfrist und die Frechheit, uns ein volles Jahrzehnt lang mit Winfried Schäfer zu traktieren.

Zudem sollte Guido Buchwald, dieser Edelmann rechtschaffener Bodenständigkeit, als Sportdirektor erst mal etwas kleiner anfangen. Und: Wir haben nicht vergessen, daß der KSC die Bayern über all die Jahre derart dreist mit Spielermaterial versorgt und sich am Münchener Tropf hängend durchfinanziert hat (kaum war der KSC weg, verlieren die Bayern erstmals zwei Endspiele in einer Saison).

Also Hannover 96? Um Fußballgottes Willen, nein! Erstens weil sie mit dieser mimikfreien und sprachlosen Trainermaske Reinhold Fanz schon Unheil genug über Eintracht Frankfurt ausgeschüttet haben, was die tragische Folge hatte, daß Jörg Berger uns jetzt wieder foltern darf. Auch hat man sich als neutraler Beobachter ganz gut eingerichtet mit leeren Zweitligarängen des klobig-ältlichen Niedersachsen-Stadions – das sieht voll einfach nicht aus. Und vor allem, weil Hannover nur als Zweitligist ein traditionell erfolgreicher Pokal-Emporkömmling bleiben kann.

Bleibt halt, nachdem Tennis Borussia (mit Winfried Schäfer) unten bleiben darf (der Berliner als solcher wäre sonst komplett größenwahnsinnig geworden), nur noch der SSV Ulm 1846.

Aber: Will man Ulm? Ulm wäre ein völlig neuer Erstligist – schon das korrespondiert mit unseren urdemokratischen Instinkten, daß jeder mal randürfen sollte. Ulm neben Unterhaching als Erstligist, das bedeutet: zweimal kleine Stadien, vulgo: zweimal immer volle Stadien. Daß damit Ligarekordbesuche unmöglich werden, interessiert nur gigantös denkende Kreaturen. Ulm ist gut, weil der nette und mutmaßlich fußballrevolutionäre Trainer Ralf Rangnick das Team auf den Erfolgsweg gebracht hat. Rangnick (Ulm) steht für Sympathie; Rangnick (VfB) steht, wenn wir weise nach vorn blicken, für glorioses Scheitern neben Mayer-Vorfelder, den er nach der Heimniederlage gegen den SSV Ulm mit in den Orkus reißen wird.

Ulm gehört auch geographisch, ziemlich mittig zwischen MV-Wahn und Bayern-Hybris gelegen, als regionales Korrektiv unbedingt nach oben, so wie der große KFC Uerdingen (leider frisch in Liga 3 gepurzelt) in den 80ern den Niederrhein fußballerisch aufgemischt hat. Ulm heißt außerdem, daß die Erstligisten jetzt netter- und spesensparenderweise zum taz-Korrespondenten kommen (hier Herr Hefele; nächstes Jahr folgt Alemannia Aachen).

Ulm: Wer ein Brotmuseum hat, eine Designhochschule (Otl Aicher selig), einen Fluß mit Namen Blau, der g'nau hier in die Donau mündet und sie dadurch erst schön und blau macht, darf nicht in zweiter Liga versauern.

Die Ulmer Fußballspatzen müssen am Donnerstag abend nur gegen Greuther Fürth gewinnen – was gelingen sollte, schon als Strafe für deren Heimat „Playmobil-Stadion“ – die Fußballwelt ist schließlich keine Kita.

Also Ulm. Ulm ist gut. Ulm ist willkommen, auch weit um Ulm herum (finales Wortspiel dieser Art in diesem Blatt, versprochen!). Ulm klingt schon auf deutsch schön knapp und präzise – und gleich möchte man den Namen auch im Englischen hören, wenn sich das Team womöglich international qualifiziert (schafft ja startberechtigungsinflationsbedingt bald jeder): Julm? Alm? The Almer EssEssWie. Wir sind bereit. Bernd Müllender

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