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Rentenreform schrumpft weiter

■ Riesters Pflichtvorsorge fürs Alter ist vom Tisch. Auch Lebensversicherungen sollen vorerst nicht besteuert werden

Berlin (dpa/taz) – Die 2,5prozentige Pflichtabgabe zu einer privaten Altersvorsorge kommt nicht. Dies sagte gestern SPD-Fraktionschef Peter Struck in Bonn. Man wolle eine solche Abgabe nicht obligatorisch einführen, prüfe aber, wie die private Altersvorsorge auf freiwilliger Basis gefördert werden könne, so Struck. Denkbar seien steuerliche Anreize. Ein Modell für eine freiwillige Lösung will Arbeitsminister Riester (SPD) heute vorlegen.

Zuvor hatten sich auch Sozialpolitiker der Grünen dafür ausgesprochen, die Aufwendungen für die private Altersvorsorge steuerlich zu begünstigen. Bisher gilt für Versicherungsbeiträge eine begrenzte Vorsorgepauschale, die jeder Erwerbstätige geltend machen kann. Diese Pauschale wird durch die Beiträge zu den gesetzlichen Sozialversicherungen beziehungsweise privaten Kranken- und Rentenversicherungen meist schon ausgeschöpft. Zusätzliche Beiträge zu Lebensversicherungen können daher in der Praxis oft nicht mehr von der Steuer abgesetzt werden.

Würde man die steuerliche Absetzbarkeit von Vorsorgeaufwendungen erweitern, ergeben sich jedoch Abgrenzungsprobleme gegenüber anderen Vermögensanlagen, wie es gestern auch in Kreisen der Grünen hieß. Der wirtschaftspolitische Sprecher der SPD-Bundestagsfraktion, Hans Martin Bury, hatte in der Presse erklärt, alle Formen privater Vorsorge, darunter Aktien, Lebensversicherungen, Immobilien oder Banksparen, müßten gleichermaßen gefördert werden.

Dann müßte jedoch auch der Finanzminister klare Kriterien einführen, nach denen beurteilt wird, ob eine Geldanlage der Altersvorsorge dient oder schlichtweg nur der Vermögensmehrung. Würde man die Einlagen und Beiträge für Kapitalanlagen zur Altersvorsorge künftig steuerlich absetzen können, profitierten davon ohnehin vor allem die Gutverdienenden. Etwa ein Fünftel der Bevölkerung betreibt überhaupt keine private Vorsorge, meist, weil das Arbeitseinkommen nicht ausreicht.

Wie stark die Gerechtigkeitsprobleme sind, die sich aus steuerlichen Förderungen ergeben, zeigt sich am Streit um die Besteuerung der Ertragsanteile von Lebensversicherungen. Wie berichtet, plante Finanzminister Eichel (SPD), die Ertragsanteile von Lebensversicherungen zu besteuern. Derzeit sind die Gewinne aus Lebensversicherungen privilegiert: Die Anteile sind nach zwölf Jahren Laufzeit steuerfrei, im Unterschied zu den Erträgen anderer Kapitalanlagen. Die Besteuerung von Kapitallebensversicherungen ist aber jetzt wieder vom Tisch, nicht zuletzt, weil das Vorhaben den Riester-Plänen widersprach, die private Vorsorge zu fördern. In der jetzigen Situation sei es schwierig, eine solche Besteuerung zu vermitteln, hieß es gestern nach einer rot-grünen Fachrunde. Das Thema soll im Herbst erneut auf die Tagesordnung kommen.

Struck erklärte gestern, die Bonner Koalition wolle noch vor der Sommerpause die Grundzüge für eine Rentenreform vorlegen. Dazu gehöre eine bedarfsorientierte Grundsicherung für Ältere und Erwerbsunfähige. Zu dem Maßnahmenpaket, das am 1.Januar 2001 in Kraft treten soll, werde auch eine eigenständige Alterssicherung für Frauen gehören. Dafür würden noch verschiedene Modelle geprüft. Bisher bekommen Witwen, die früher selbst gearbeitet haben, sowohl die Hinterbliebenenrente als auch ihre eigene Rente, die nur zum Teil auf die Hinterbliebenenrente angerechnet wird.

Die bedarfsorientierte Grundsicherung für Ältere soll nach den SPD-Plänen nicht höher liegen als die Sozialhilfesätze. Das Einkommen der Kinder der Betroffenen soll nicht mehr zum Unterhalt für diese Alten herangezogen werden. In den Genuß der bedarfsorientierten Mindestsicherung sollen aber nur Ältere kommen, die irgendwann Rentenbeiträge eingezahlt haben.

Das Kernstück der Riesterschen Rentenpläne, in den Jahren 2000 und 2001 die Renten nur in Höhe der Preissteigerungsrate anzuheben, wurde gestern von Struck verteidigt. Damit mute Riester den RentnerInnen lediglich zu, vorübergehend ihren Lebensstandard zu halten. Anderen Gruppen wie Beamten und Beschäftigten im öffentlichen Dienst sowie Versorgungsempfängern ginge es auch nicht anders. BD

Das politische Anliegen, die Erträge von Lebensversicherungen zu besteuern, ist derzeit nur schwer zu vermitteln

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