: Passanten am Platz des zukünftigen Holocaust-Mahnmals begrüßten gestern überwiegend den Beschluß des Bundestages. Doch einigen ist das Mahnmal zu groß, andere wünschen eine Widmung für alle Holocaust-Opfer
Vandalismus kein Argument
Ich bin grundsätzlich für ein Denkmal. Das, was geschehen ist, muß man zum Ausdruck bringen. Berlin ist Hauptstadt, und es sollte auch hier im Mittelpunkt stehen. Daß es möglicherweise Vandalismus dort gibt, ist kein Argument gegen ein Mahnmal. Wer es beschmiert, der sollte bestraft werden, gnadenlos. Hartwig Ellerbrock, 54, Angestellter, Bielefeld
Nicht nur Juden widmen
Daß sich der Bundestag für das Mahnmal entschieden hat, finde ich gut. Die Vandalismusgefahr ist kein Argument dagegen. Schlecht finde ich, daß es nur den Juden gewidmet wird. Andreas Franck, 22, Student, Berlin
Zahlen statt mahnen
Das Denkmal finde ich prinzipiell schon gut. Ich fürchte aber, daß man versucht, sich damit freizukaufen von den Verpflichtungen gegenüber den Zwangsabeitern. Ich finde kläglich, was mit denen ausgehandelt wurde. Walburga Belter, 44, Krankenschwester, Dortmund
Kranzabwurfstelle droht
Je länger die Diskussion läuft, desto unsicherer bin ich geworden, ob überhaupt ein Denkmal gebaut werden sollte. Das könnte zur Kranzabwurfstelle werden; ein Ort, über den alle anderen vergessen werden. Es nur den ermordeten Juden zu widmen ist eine Ausgrenzung. Es sollte für alle Opfer sein. Die zentrale Lage finde ich richtig: Wenn schon, denn schon. Ernst Belter, 53, Lehrer, Dortmund
Roten Bonzen vor die Nase
Wer daran denken will, tut das auch ohne Denkmal. Das wird hier eine solche Stätte des Hasses! Die Bevölkerung ist so dagegen, auch in den roten Stadtvierteln. Hier in den Plattenbauten an der Wilhelmstraße, da wohnen noch die ganzen Bonzen von damals. In der DDR durfte ich noch nicht mal „Israel“ schreiben. Das freut mich, daß es denen nun vor die Nase gebaut wird! Rosemarie Gramsch, 70, Rentnerin, Berlin
Kostet den Staat zuviel
Meinetwegen können die sich Zeit lassen mit dem Bau. Das geht doch wieder alles auf Kosten der Steuerzahler. Es bewachen und reinigen zu lassen kostet auch. Immer heißt es: Geld ist nicht da. So ein riesiges Denkmal muß nicht auch noch sein. Und wenn, dann sollte es für alle Opfer stehen, nicht nur für die Juden. Winfried Breitner, 57, E-Mechaniker, Berlin
Juden die meisten Opfer
Daß es hier hinkommt, ist in meinem Sinne. Ich bin nur mißtrauisch, daß es zuviel sein könnte, daß es keiner versteht. Daß es allein den Juden gewidmet wird, finde ich richtig. Schließlich ging alles von der geplanten Vernichtung der Juden aus. Israel hat einen besonders hohen Blutzoll entrichtet. Die Opfer sollte man also nicht in einen Topf werfen. Gerhard Jurzek, 71, Rentner, Berlin
Zentrale Gedenkstätte
Daß ein Mahnmal gebaut wird, finde ich wichtig und richtig. Auch daß es nach Berlin kommt, an diese Stelle. Wichtig finde ich, das Mahnmals mit einer Gedenkstätte zu kombinieren. Ein Mahnmal allein erklärt nicht. Die bestehenden Dokumentationen und Museen sind zu verstreut. Es sollte einen zentralen Ort geben. Das Denkmal allen Opfern zu widmen hätte ich besser gefunden. Gabriele Holzner, 39, Journalistin, Hamburg
Zu groß, zu protzig
Daß es ein Mahnmal geben wird, finde ich in Ordnung. Über die Größe könnte man streiten, aber ich finde in Berlin ohnehin alles ein bißchen protzig. Der Ort ist richtig: Wenn, dann dahin, wo's jeder sieht. Daß die Widmung nur von den ermordeten Juden spricht, finde ich nicht ganz so wichtig. Es gibt ja die Neue Wache, wo aller Opfer gedacht wird. Bernward Wienand, 49, kaufmännischerAngestellter
Andere Stätten fördern
Wir finden es viel zu monströs. Es besteht die Gefahr, daß man es deshalb nicht schützen kann. Es zerstört das Stadtgefüge, reißt Stadtteile auseinander. Wir haben genug Gedenkstätten, die könnten besser ausgestattet werden. Wenn man es allen Opfern widmen würde, das wäre der Sache dienlicher. Gerd (58) und Horst (69) Koscholleck, Rentner
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen