Mit Geld gibt es Appenzeller

Ist Aldi eine strenge Liste? Antje Dorn zeigt Gedankenwolken, Männchen auf grasgrüner Fläche und komische Tafelbilder in Wiens Laden & Verlag  ■   Von Brigitte Werneburg

Kann schon vorkommen, daß man sich die Sache noch einmal überlegt. Gestern dachte ich ..., aber heute scheint mir ... Doch das ist Antje Dorn zu simpel. Sie weiß heute, wie ihr morgen das Wissen von gestern fragwürdig wird. Darstellen freilich tut sie diesen Sachverhalt sehr einfach. Da steht dann ein Männchen auf einer grasgrünen Fläche, und über ihm schwebt eine schwarze Gedankenwolke, und daneben steht: „Yesterday I thought I love you“. Später steht das gleiche Männchen auf weißer Fläche und faßt sich an den Kopf: „Tomorrow I think if I really loved you yesterday“.

Es macht die Kunst von Antje Dorn aus, komplexe Sachverhalte radikal zu vereinfachen, und doch entstehen am Ende seriöse, wenn auch reichlich komische Tafelbilder – aber keineswegs, wie man befürchten könnte, Comics oder Karikaturen. Klar finden sich diese elements of crime in den Bildern, aber auch etwas Hard-edge-Malerei, wenn „Aldi“ eine streng unterteilte farbige Liste ist, wie das Leben „Mit Geld“ beziehungsweise „Ohne Geld“ aussieht. Mit Geld gibt es Appenzeller, ohne Geld Exquisa, mit Geld gibt es keine Zeit, ohne hat man davon reichlich, aber leider, mit Geld gibt es Prada und ohne Geld nur Aldi.

Anders als bei ihren früheren Arbeiten malte Dorn (*1964 in Aachen), die seit 1992 in Berlin lebt und zuvor – offensichtlich nicht folgenlos – bei A. R. Penck an der Kunstakademie Düsseldorf studierte, diese Liste nun mit Acrylfarbe auf Glas. Damit erhalten die neuen Arbeiten, die sie momentan in Barbara Wiens Laden ausstellt, einen glänzenden, emailleähnlichen Oberflächeneffekt.

Früher, zu Zeiten von „Öl, Öl, Öl“ (1996) setzte sie noch ganz auf den pastosen und stumpfen Effekt ebendieses Malmittels. Damals waren auf ihren verkehrsschildblauen Leinwänden Kochmützen, Badeschlappen oder Zapfsäulen-Piktogramme zu sehen. In „Quit“ (1997) trampelten dann die Buchstaben des Alphabets aufeinander herum, und nun knüpft sie sich die Frage des Lifestyles vor. „Designermöbel“ oder den „Geldautomaten“, der ganz alleine auf dem abgeholzten Planeten Erde steht, wobei die Baumstümpfe an die Vulkane auf dem Planeten des Kleinen Prinzen erinnern und damit an den frühen Konzeptkünstler und Ikonoklasten Saint-Exupéry.

„Heaven Has Holes“ ist die Ausstellung in Wiens Laden & Verlag völlig zu Recht betitelt. Dorn geht es immer um einen vollständigen Kosmos. „Cookie Park – the World in Pieces“ ist eine fette Enzyklopädie, die Barbara Wien 1996 verlegte. Im Dezember 1999 gibt es Dorns neuestes Buch, „0,0 Total“, im Kölner Salon-Verlag, gleichzeitig mit einer Ausstellung in der Fotografischen Sammlung Folkwang in Essen. Obwohl man es zu ahnen glaubt, die Frage bleibt spannend: Wie werden wohl Antje Dorns Farbfotografien aussehen?

Bis 31. Juli, Linienstr. 118, Di. bis Fr. 14–19, Sa. 12–17 Uhr