: Das Feuer wird durch Wasser ersetzt
■ Olympische Inselspiele im schwedischen Gotland
Visby (taz) – Olympische Spiele hat Schweden seit 1912 nicht mehr an Land ziehen können. Doch bei der Insel-Olympiade auf Gotland konnte man sich sogar rühmen, ein größeres Teilnehmerfeld zu haben als das norwegische Lillehammer vor fünf Jahren bei den Olympischen Winterspielen. 1.858 Sportlerinnen und Sportler von 22 Inseln fanden sich in Gotlands Hauptort Visby ein, genau zwei mehr als in Lillehammer. Wettkämpfe gab es in 16 Sportarten, darunter Leichtathletik, Schwimmen, Tennis, Golf, Basketball, Volleyball, Bowling – und natürlich Segeln.
Die Idee einer Insel-Olympiade war auf den britischen Eilanden Jersey, Isle of Man und Guernsey geboren worden. Sport auf der Insel bedeutet viel Wasser bis zum nächsten Konkurrenten, ein stetiges Suchen nach attraktiven Wettbewerben oder einer ausgeglichenen Liga. SchwierigeBedingungen in jedem Fall. „Viele Sportler, die ansonsten vielleicht schon lange aufgehört hätten, machen nur wegen der Inselspiele weiter“, sagte Lars Sjöholm, Vorsitzender des Sportverbandes von Gotland. Tore Olofsson aus Visby zum Beispiel war schon bei den ersten Inselspielen 1985 auf der Isle of Man dabei und ging in diesem Jahr zum achten Mal an den Start. „Die schwedischen Meisterschaften, oder eine WM-Teilnahme sind für mich uninteressant. Die Inselspiele sind das, was zählt.“
Waren es für Tore nur einige Kilometer bis zum Wettkampfort, hatten manch andere halbe Weltreisen hinter sich. St. Helena etwa stellte bei gerade 5.600 Einwohnern acht Aktive, darunter die Badmintonspielerin Sheene Johnson. „Wir fuhren mit dem Schiff von Jamestown los“, erzählte sie, „und kamen elf Tage später auf Gotland an.“ Die Delegation aus St. Helena war nicht einmal die weitgereisteste. Diese Ehre hatte ihr die Mannschaft der Falkland-Inseln weggeschnappt. Einige der übrigen Teilnehmer: die karibischen Caymans, Grönland, Rhodos, die norwegischen Hitra und Fröya, die finnischen Ålands, das estnische Ösel. Rügen, Sylt, Norderney, Fehmarn, Helgoland? Fehlanzeige! Keine einzige deutsche Insel hatte dieses Jahr den Weg zu den Spielen gefunden.
Teilnahmeberechtigt sind nicht nur aktuelle Bewohner, sondern alle, deren Wiege einst auf der fraglichen Insel im Wind schaukelte. Letzteres nutzte die gotländische Fußballmannschaft aus, die auf ihren größten Fußballsohn aber verzichten mußte: Jesper Mattsson bekam keine Freigabe von seinem Klub Nottingham Forest.
Vieles bei der Insel-Olympiade erinnerte an die „richtigen“ Spiele, nur der Pomp fehlte – und die Olympische Flamme. Das Feuer wurde durch Wasser ersetzt. Jede Mannschaft hatte eine Flasche der Flüssigkeit dabei, die um die eigenen Strände schwappt, diese wurden dann zu einer Fontäne vereint. Reinhard Wolff
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