: Prügelnde Zivis
■ PUA Polizei: Kripo-Beamter bestätigt Neß-Version und widerspricht Staatsanwalt
Oliver Neß wurde während der Haider-Kundgebung auf dem Gänsemarkt zunächst von Zivilpolizisten brutal zu Boden geschlagen, bevor Uniformierte sich auf den Journalisten stürzten und die bekannten Fernsehbilder entstanden. Daß es beide Vorfälle gab, bestätigte gestern der Kripo-Beamte Jörg-Peter Unger vor dem Parlamentarischen Untersuchungsausschuß (PUA) Polizei. Der Polizist machte im Rahmen seiner Ausbildung zu der Zeit ein Praktikum bei der Bildagentur RTC.
„Ich wußte zuerst nicht, daß es Zivilpolizisten waren“, so der Beamte. Er dachte, es seien rechte Demonstranten, die Oliver Neß zu Boden schlugen. „Zivilbeamte sollten als Polizisten zu erkennen sein“, kritisierte Unger. Interessant ist seine Aussage deshalb, weil die Staatsanwaltschaft die Version von Oliver Neß bestreitet, daß er zunächst von Zivilbeamten niedergeschlagen wurde, bevor es zu der ersten Prügelszene kam. Begründung: Der erste Vorfall sei nicht auf den Videobändern zu sehen.
Unger sagte, er hätte außerdem beobachtet, daß ein 16jähriges Mädchen „übertrieben“ brutal von mehreren Polizisten festgenommen wurde; sie hatte nach Ungers Angaben aufgebracht in Richtung Tribüne geschrien.
Heftige Auseinandersetzungen gab es gestern auch darum, wie lange die ParlamentarierInnen den Polizeiskandal noch untersuchen sollten. CDU, SPD und Statt Partei wollen bis zum kommenden Sommer fertig werden. Die GAL will nach „Sachlage“ und „Untersuchungsstand“ entscheiden. „Detailpuhlerei können wir mühelos bis zum Jahr 2000 machen“, gab sich Holger Christier (SPD) betont genervt. Die Grünen würden sich mit ihren Beweisanträgen ohnehin vom Untersuchungsauftrag entfernen, nörgelte der SPDler.
Die GAL vermutet, daß im Galopp durch den Polizeiskandal geprescht werden soll, um das Thema aus dem nächsten Wahlkampf herauszuhalten. Achim Reichert von der Statt Partei: „Selbst auf die Gefahr hin, daß ich unseriös bin, ich will bis zum nächsten Sommer fertig sein.“ Silke Mertins
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