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Pferde mit Flügeln und Reifen

■ Pakistans Truckerromantik im Museum für Völkerkunde

Truckerromantik wird mit den USA verbunden oder mit den Road-Trains Australiens: Der mediengesteuerte Blick ist auf die angloamerikanische Welt geeicht. Dabei erfahren die Trucks die größte Aufmerksamkeit in den Ländern der Dritten Welt. Besonders in Pakistan sind aufwendig umgebaute und mit üppiger Malerei schrill dekorierte Lkw im Einsatz.

Originalteile und Hintergrundmaterial zu den Truckerträumen zwischen Technik und Religion zeigt das Museum für Völkerkunde in dieser Vollständigkeit erstmals in Europa: Die fliegenden Pferde vom Indus heißt seit dieser Woche eine Ausstellung nach dem immer wieder abgebildeten Pferd Al-Buraq, mit dem Mohammed in den Himmel stieg. Eine externe Ausstellungs-GmbH hat ein komplettes Ambiente errichtet, in dem von der Polizeistation bis zur Raststätte mit starkem „Fünfhundert-Kilometer-Tee“ die Truckerwelt Pakistans greifbar wird.

Die Beschäftigung mit Lkw belegt nebenbei den Wandel der Völkerkunde von der Erschließung urtümlicher Volksstämme zum Vermittler außereuropäischer Gesellschaften. Die Ethnologin Anna Schmid hat in Rawalpindi einen kompletten Truck gekauft, eine verwundernde Aufgabe: Weder bereitet ein Ethnologiestudium darauf vor, noch verstanden die Spediteure, daß sie weniger auf die Leistungsfähigkeit des Motors als auf die Schönheit des Aufbaus achtete. Wegen Export-Schwierigkeiten befindet sich dieser alte Bedford zur Zeit auf See, er wird aber – so Allah will – noch während der Laufzeit der Ausstellung ankommen.

Hajo Schiff

Museum für Völkerkunde, Rothenbaumchaussee 64, bis 30. Juni

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