: Erfolgsstory Demo
Die als politische Demonstration gecoverte Love Parade schlägt alle Versammlungsrekorde der Hauptstadt. Mit 1.250.000 Teilnehmern, 200 Tonnen Müll und 250 Krankenhausbesuchen war das Technohappening 1998 die gigantischste Berliner Demo aller Zeiten. Seit der ersten Parade 1989 hat sich die Anzahl zuckender Raver fast jährlich verdoppelt: Von mickrigen zweihundert auf vielleicht zwei Millionen im Jahr 2000? So die Love Parade 2000 überhaupt noch in Berlin stattfindet und nicht – wie von Organisator DJ Motte angedroht – nach Paris abwandert.
Auch die Luxemburg-Liebknecht-Demo im Osten von Berlin liefert jeden Januar beeindrukkende Zahlen. Die ehemalige DDR-„Kampfdemonstration“ zum Jahrestag der Morde an Karl Liebknecht und Rosa Luxemburg erfreut sich steigender Teilnehmerzahlen. Über 100.000 Kampfgenossen ziehen mittlerweile an die Gräber der Revolutionäre – zu DDR-Zeiten schlossen sich nur wenige tausend dem Zug an. Konstant blieb lediglich die Zahl der Festgenommenen und Verletzten. Rund fünfzig Demonstranten wandern bei dem Gedenkmarsch regelmäßig in polizeilichen Gewahrsam.
Der Festumzug zum Tag der deutschen Einheit bedient erfolgreich die Trachtenzielgruppe. Das Bier-und-Spießbraten-Spektakel läßt jährlich am 3. Oktober die Herzen von 100.000 Patrioten und das Brandenburger Tor unter dem Takt der Marschmusik erzittern. Bei der von Volker Hassemers PR-Firma Partner für Berlin veranstalteten Volksparty rücken Loden- und Jodelvereine aus ganz Deutschland in Berlin ein: Gutlacher Trachtenverein, Sekt- und Biedermeierfest Eltville und Teutonenhouse Combo Captain Jack erteilen der Hauptstadt eine Nachhilfestunde in Patriotismus. Der Heimatumzug fand bis jetzt weniger Beachtung bei Presse und Öffentlichkeit als bei der Gruppe Anti-Militärisches Oberjubel-Komitee (AMOK). Tanja Fischer-Jung
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