: Hunderte krank durch Atombombenbau
■ US-Regierung übernimmt nach Rechtsstreit die Verantwortung für erkrankte Arbeiter und will 130 Millionen Dollar zahlen
Berlin/Washington (taz/AP) – Die US-Regierung hat erstmals zugegeben, daß Hunderte von Amerikanern während des Kalten Krieges bei der Produktion von Atomwaffen krank geworden sind. Energieminister Bill Richardson gab am Donnerstag in Washington einen Plan für Entschädigungszahlungen bekannt, der noch vom Kongreß gebilligt werden muß. Seit Jahren verlangen Erkrankte, für ihre Leiden entschädigt zu werden, die für private Vertragsfirmen in staatlichen Produktionsstätten Atomwaffen herstellten.
Die US-Regierung will nun alle Arbeiter entschädigen, die unter Berylliose leiden. Diese Krankheit entsteht durch den dauerhaften Kontakt mit dem metallischen Element Beryllium, das als Verstärkungsmittel in Atomsprengsätzen verwendet wird, aber auch in der Elektronik und in der Raumfahrt. Die Folge sind Leber- und Lungenschäden. Schon kleinere Anstrengungen können dann, ähnlich wie bei Asthma, zu schwerer Atemnot führen. Insgesamt 26.000 Arbeiter wurden dem Beryllium ausgesetzt. 120 Fälle der Berylliose sind diagnostiziert, doch das US-Energieministerium rechnet damit, daß insgesamt 500 Fälle bekannt werden, wenn das Entschädigungsgesetz durchgeht.
Bislang hatte die US-Regierung die Richtigkeit der Darstellungen über Gesundheitsschäden stets bestritten. Außerdem sind auch für Staatsangestellte solche Langzeitschäden nur schwer als Arbeitserkrankung geltend zu machen, weil die Gesetze eher auf Unfälle angelegt sind. Nun aber erklärte der Energieminister, daß man „einen Fehler“ gemacht habe.
Die Regierung schätzt, daß sie an diesen Personenkreis zehn Jahre lang jährlich 13 Millionen Dollar (250 Millionen Mark) zahlen müßte. Dazu gehört vor allem die Fortzahlung des Lohnes bei Arbeitsunfähigkeit. Geschädigte und ihre Anwälte verlangen jedoch auch die Einbeziehung von Tausenden, die als Folge des Umgangs mit Uran und weiteren radioaktiven Substanzen sowie Quecksilber und Asbest erkrankt sind.
Neun Kongreßmitglieder aus besonders betroffenen Regionen kündigten eine überparteiliche Kampagne an, damit der Kongreß den Entschädigungsplan noch in diesem Jahr verabschiedet. Betroffen sind vor allem die Staaten Colorado, Illinois, New Mexico, Ohio, Pennsylvania, Tennessee und Washington. urb
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