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Nananana, nananana, hey, hey, good-bye

■ Heimatkunde: James Last und die Brutstätte des Partysounds (2)

„Eines Tages kam mir die Idee: Ich war krankgeschrieben und lag im Bett. Um mich herum die Trostlosigkeit eines verwaisten Schlafsaales. Die Betten hatten etwas von unbenützten Bahren an sich, und mein Spind bewahrte ein Geheimnis. Ein kleiner Terziroler-Revolver mit sechs Schuß Munition in der Trommel. Ich mußte etwas anstellen, damit ich hier herauskam. Plötzlich war mir alles klar. Mechanisch wurde mein Entschluß in die Tat umgesetzt. ,Simulieren' hieß die Losung.

Irgendwo stand ein Blumentopf. Mit diesen Blumen schmückte ich das aufgestellte Bild meiner Eltern, legte mich rücklings aufs Bett, hielt mit der rechten Hand die Mündung dieses privaten Geschützes an die Schläfe und spielte den Schlafenden. Wichtig war, daß man mich so vorfand. Endlich kam draußen ein Marschlied näher. Heisere Kehlen, Nägel auf Asphalt im Gleichschritt. Kommandos und ganz deutlich ein ,Weggetreten!' Es konnte sich nur noch um Sekunden handeln.

Grölend kam die Meute rein. Einer entdeckte mich. Im Nu umzingelten alle mein Bett. Ein Unteroffizier kam hinzu. Jemand machte ihm Meldung. ,Soldat Lifka wollte Selbstmord verüben.' Voller Verzweiflung, mit rollenden Augen ließ ich mich im Bett aufrichten. Ich wurde gleich ins Krankenrevier geschleppt. Einer hielt Wache.“

Am Abend kam dann jener Hauptmann zu ihm, er hatte mit einem gutmütigen Oberstabsarzt schon die Ausmusterung eingefädelt: dank der Diagnose „Übersensibel. Ein labiler Charakter, der die Leistung der Truppe reduziert“ konnte sich Ex-Soldat Lieffen dann Richtung Braunschweig verdünnisieren.

Die erfreulichen Folgen sollen uns in diesem Zusammenhang aber nicht interessieren – erheblicher sind zweifellos die Implikationen, die sich aus dieser Schilderung für den Werdegang des jungen James Last ergeben – der dieser musikalischen Früherziehung überdies als Jüngster der ganzen Schule (!) ausgesetzt war – wobei eben offen ist, ob z. B. aktiv, passiv oder gar nicht am „Heiligen Geist“ beteiligt.

Und so hätten wir von einem versierten Täter-Opfer-Psychologen doch ganz gern mal was dazu gehört, ob sich's beim „Happy sound“ nicht gegebenenfalls doch um ungewollt-latente Spätfolgen dieser gängigen Nazi-Erziehungsmethode handeln könnte. Die dummkritische Fetensoziologie, die schon ewig an ihm dingfest gemacht wird – böses Kleinbürgertum usurpiert durch heimtückische Assimilation Elemente der Pop-Kulturrevolte, um sein bekannt kryptofaschistisches „gemütliches Beisammensein“ durch die Zeit zu retten – lieber beiseite lassend, ist doch immerhin erwägenswert, warum Last, der doch als begabter Jazzer begann, sich dann nur noch auf leerste Zerstreuungsklänge kaprizierte, die erklärtermaßen keinerlei Hörwiderstand mehr leisten wollen.

Sehr die Frage also, ob da in seinen mit Party-Geräuschen versetzten Non-stop-dancing-Potpourris nicht eventuell doch gelegentlich die Bückeburger Lederkoppel unterschwellig mitklatschen und er – sichtlich kein sonderlich differenziert reflektierender Typus – in dem mit Hunderten von goldenen Schallplatten bedachten Gesamtwerk nicht letzten Endes nur seine komplette Ratlosigkeit musikalisch umsetzte?

Auffällig auf Fotografien von Last ist ja, daß ihm persönliche Ehrungen offenbar widerstreben, er viel lieber irgendwo inmitten des beschwingten Trubels stand, ohne daß man sonderlich Notiz von ihm nahm. Möglich auch, daß es Bückeburger Prägungen sind, die ihn bei seinen Orchestermitgliedern in den großen Jahren auf engsten sozialen Zusammenhalt bestehen lassen; ihnen sogar samt Familien (!) ein Party- und Freizeitzentrum in Fintel in der Lüneburger Heide errichten ließ (die sozialen Vergünstigungen bei Last waren berühmt), sich also wirklich mit allen Mitteln ein stabiles Umfeld schaffen wollte. Das sich dann, wie zumindest Tourneebilder ausweisen, an den Hotelpools von Melbourne bis Las Vegas zur immer gleich relaxten Goodtimer-Partycrew um ihn zu scharen hatte – alles in allem also: ob hier nicht ein eventuell ernstlich Kontaktgeschädigter im Soziotop Party samt unverbindlichem Hintergrundgedudel den einzig ihm noch erträglichen Kommunikationsmodus mit der Welt gefunden hat (gelegentliche Sauf- und Zockerausbrüche, aus denen ihn seine Frau dann loseisen mußte, hat er in einer Talkshow ja selbst mal eingeräumt). Und auch vielleicht noch wegen Bückeburg?

Zum Klassentreffen Ende März 1982 ist er jedenfalls noch einmal dorthin zurückgekehrt, nahm einige Mitschüler und sogar die nunmehr 77jährige Küchengehilfin Erna Paul in den Arm und gab den Bückeburgern dann samt Orchester im viel zu kleinen Rathaussaal gleich zwei Konzerte „Die Skala reichte von ,Lilly Marleen' über Schunkellieder vom Rhein bis zum ,Ententanz'“ so die Schaumburg-Lippische Landeszeitung. „James Last hob während seiner Konzerte hervor, daß er in Bückeburg eine sehr schöne Zeit verbracht habe. Allerdings habe er nicht an den Ecken gestanden und nach schönen Mädchen gesehen, sondern in der Musikschule hart (!) gearbeitet.“

Was natürlich nicht bedeuten muß, daß .... Aber wir wissen ja auch nicht, was die andern Mitschüler im Saal für Erinnerungen aneinander hatten.

Christian Meurer

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