piwik no script img

Die Bremer Kinotaz ... ... alle Filme, alle Termine

A

Analyze This USA 1999, R: Harold Rami, D: Robert DeNiro, Billy Crystal / Originalfassung ohne Untertitel

Originaltitel und -fassung von „Reine Nervensache“. Kurzkritik siehe dort. UFA-Palast

Asterix & Obelix gegen Caesar Frankreich/Deutschland 1998, R: Claude Zidi, D: Gérard Depardieu, Christina Clavier, Gottfried John

„Und? Ist der Film gut? Sagen wir mal so: Richtig schlecht ist er nicht. Als von den Trickfilmen gebannter Fan wird man eindeutig angenehm überrascht. Ausstattung und Kostüme sind den Heftchen liebevoll nachempfunden, die Darsteller – neben den Titelhelden vor allem Gottfried John mit aufgesetztem Römerzinken als Caesar und Roberto Benigni als Intrigant Destruktivus – brauchen sich nicht hinter den Kollegen von „Familie Feuerstein“ zu verstecken. Auch fliegen die Leginonäre nach Ohrfeigen und Kinnhaken ungefähr so durch die Luft, wie man sich das bei der Comic-Lektüre immer ausgemalt hatte ... aber genau da, bei den special effects, muß die Mäkelei einsetzen, denn so manche Tricks – etwa der mit dem Elefanten in der Arena – sehen wirklich zu hausbacken aus, da erwartet der verwöhnte Kinogänger Ende der 90er Jahre von einer internationalen Großproduktion deutlich bessere Effekte, zudem es am Geld offenbar nicht gefehlt hat.“ (Zitty) CinemaxX

B

Better than Chocolate Anne Wheeler, D: Wendy Crewson, Karyn Dwyner, Christina Cox / Previews am Freitag nur für Frauen

„Wenn Frauen zu sehr lieben: Die neugierige Maggie reibt sich auf zwischen ihrer neuen Freundin Kim, der neurotischen Mutter und ihrem Engagement im Frauenbuchladen. Eine schlecht ausbalancierte Komödie mit Gute-Laune-Message: Frau wird irgendwie glücklich.“ (Der Spiegel) Cinema, Casablanca (Ol)

Bob Marley in Concert Deutschland 1988, R: Stefan Paul

„Reggae, Rastafari, Bob Marley – eine heilige Dreifaltigkeit. Seit dem Krebstod des jamaikanischen Superstars ebbt die Schwemme an überflüssigem Marley-Material nicht ab, die in langweiliger Regelmäßigkeit jeden Klang, jedes Wort, jeden Jauchzer des charismatischen Propheten noch einmal als ultrarar verhökert. Dieser Film zeigt die Höhepunkte der letzten Konzerte von 1979 und 1980 und garniert sie mit kurzen Sequenzen von Marleys Begräbnis.“ (tip) Cinema

Der Bremen-Film 1945-1989 Bremen 1999, R: Ulrich Scholz

Man verzeiht den Dokumentarfilmern ja fast alles, wenn sie ungesehene Bilder vom Altbekannten zeigen. Der zweite Teil der Bremen-Trilogie von Ulrich Scholz (Regie & Schnitt) und Diethelm Knauf (Buch & Recherche) hat die gleichen Schwächen wie sein Vorgänger: Filmmusik und Sprecherstimme leiern monoton, der Text ist so pädagogisch wie Lehrfilme aus den 60ern. Der Film beginnt natürlich mit Trümmerlandschaften, und von den 50ern zeigt er fast nur Handel und Wandel. Protzen konnten und wollten die Filmemacher mit ihren Schätzen aus den 60ern: Dutschke in der Lila Eule, Bruno Ganz im Bremer Theater und Uschi Nerke im Beatclub. Von den 70ern bleibt schon weniger in Erinnerung (Reformuni und das schöne Ostertorviertel), und bei den 80ern machten die Filmemacher nur noch Dienst nach Vorschrift. Imletzten Drittel überraschen nur noch die Bilder von der britischen Königin auf dem Markplatz (mit Koschnick und Roland im Hintergrund) als Kuriosität. (hip) Schauburg

Buena Vista Social Club USA 1998, R: Wim Wenders, D: Ry Cooder and the Buena Vista Social Club

Nun ist es mit Wim Wenders schon so weit gekommen, daß es ein Lob ist, wenn man sagt, sein neuer Film würde überhaupt nicht wie ein Film von Wim Wenders aussehen. Der einstige Hoffnungsträger des deutschen Films hatte sich scheinbar endgültig in den Elfenbeinturm zurückgezogen, aber nun holt ihn sein Leib- und Magenmusiker Ry Cooder wieder ins wirkliche Leben zurück. Er lieferte Geschichte, Personal, Drehorte und Musik – Wim Wenders brauchte wirklich nur die Kamera draufzuhalten. So gehört der Film ganz und gar dem „Buena Vista Social Club“, einer Gruppe von über siebzig Jahre alten kubanischen Musikern, die alle schon ihre Karrieren beendet hatten und ärmlich als Schuhputzer oder Hausmeister ihr Leben fristeten. Ganz zufällig brauchte Ry Cooder vor einigen Jahren in Havanna ein paar kubanische Musiker für eine Plattenaufnahme, entdeckte die alten Hasen, holte sie aus dem Ruhestand zurück, nahm die Platte „Buena Vista Social Club“ mit ihnen auf, und diese wurde überraschend ein großer internationaler Erfolg. So zeigt der Film etwa den 92jährigen Compay Segundo, der stolz über seiner brennenden Havanna verkündet: „Ich rauche seit 85 Jahren.“ Oder den Pianisten Ruben Gonzales, der an Arthritis litt, zehn Jahre lang an keinem Klavier gesessen hat und nun auf dem Steinway wunderbar jazzig improvisiert. Die Stimme des 71jährigen Ibrahim Ferrer (Kubas Nat King Cole) mag manchmal ein wenig brüchig klingen, aber gerade dadurch schwingt in ihr die ganze Kultur des kubanischen „Son“ mit. (hip) Schauburg, Open-Air-Kino am Schloßpark (Ol), Casablanca (OmU, Ol), Apollo (Whv)

Bulworth USA 1998, R: Warren Beatty, D: Warren Beatty, Oliver Platt / Originalfassung mit Untertiteln

„Wenn einer als Hollywood-Star, Produzent und Vorzeige-Liberaler schon lange so berühmt ist wie Warren Beatty, dann hat er vielleicht eines Tages einfach die Nase voll von den Zwängen der Political Correctness. So mag er sich die Figur des US-Senators Bulworth ausgedacht haben, der im Wahlkampf seinen Zuhörern statt des üblichen opportunistischen Blablas böse Wahrheiten über das zynisch-korrupte Politik-Geschäft zu servieren beginnt – und zwar in provozierend obszönem Rap-Gesang. Die dreiste „Bulworth“-Farce, in der Beatty als Produzent, Koautor, Regisseur und Star auftrumpft, verheddert sich gegen Ende selbst ein wenig in ihren Volten, doch sie ist zweifellos, neben Mike Nichols' „Primary Colours“, die brillanteste Politsatire, die sich Hollywood in den letzten Jahren geleistet hat.“ (Der Spiegel) Schauburg

D

Dance with Me USA 1998, R: Randa Haines, D: Venessa Williams, Chayanne

„Dance with me“ ist leichter gesagt als getan, wenn die Partner ganz verschiedene Vorstellungen vom Tanzen haben. Ruby, eine kühle amerikanische Profi-Tänzerin, bewegt sich stets streng nach Choreographie, während der kubanische Hausmeister Rafael spontan den Rhythmen folgt. Daß die beiden trotzdem ein Paar werden, gehört zu den Regeln des Tanzfilms wie der Wiegeschritt zum Tango. Die Balzerei aber inszeniert Regisseurin Randa Haines (“Gottes vergessene Kinder“) ohne jedes Gefühl für Takt und Tempo – ihr Film gerät ins Stolpern, sobald er die Tanzfläche verläßt.“ (Der Spiegel) UT-Kinocenter

E

Eine wie keine USA 1998, R: Robert Iscove, D: Rachael Leigh Cook, Freddie Prinze Jr.

„Ein College-Film vom Reißbrett: Der Schönling Zack pickt sich die graue Maus Laney heraus und spielt ihr Liebe vor, um sie zur Prom-Queen zu machen. „Der Widerspenstigen Zähmung“ von Shakespeare stand Pate, doch an der Westküste sieht das so aus: makellose Körper und kindische Intrigen.“ (Der Spiegel) CinemaxX, UT-Kinocenter, Gloria (Del)

G

Das Gegenteil von Sex USA 1998, R: Don Roos, D: Christiana Ricci, Lisa Kudrow, Martin Donovan

„Christiana Ricci spielt in „The Opposite of Sex“ ein hinreißend frühreifes Früchtchen: Die 16jährige Dedee flieht vor ihrer Mutter, spannt dem schwulen Halbbruder den Freund aus, vertuscht einen Mord und kommt doch am Ende unbeschadet davon. Als Erzählerin kommentiert sie ihre Eskapaden mit Scharfsicht und Lakonie: „Wenn Sie denken, ich bräuchte nur ein wenig Liebe, sind Sie auf dem Holzweg. Ich habe kein goldenes Herz und werde im Laufe des Films auch keins bekommen.“ Dieser schlaue Sommerfilm über die Ausreißerin Dedee, die mitleidlos ihre Beziehungsspielchen treibt, ist auch in den Nebenrollen ein Genuß: Lisa Kudrow spielt eine keifende Jungfer, Martin Donovan das schwule Weichei und Lyle Lovett den knorrigen Bullen mit Herz.“ (Der Spiegel) Filmstudio, UFA-Palast, Casablanca (Ol)

Der General Großbritannien 1998, R: John Boorman, D: Brendan Gleeson, Adrian Dunbar

„Was für ein fabelhafter Gangsterfilm, wie man ihn so gerissen eigentlich längst nicht mehr macht! Nicht wüstes Geballer, sondern Atmosphäre, Charakter, Psychologie – und das alles in sattem Schwarzweiß! Die Titelrolle spielt der irische Kraftkomödiant Brendan Gleeson: In den achtziger Jahren war der Meisterdieb Martin Cahill, genannt „der General“, ein Dubliner Volksheld und Liebling der Boulevardpresse – einerseits ein herzhafter Prolet, der mit seinen zwei Frauen und ihren Kindern in einem Häuschen lebt, Tauben züchtet und sich jede Woche brav in die Schlange vor dem Sozialamt stellt, um sein Arbeitslosengeld abzuholen; andererseits ein eiskalter Verbrecher, der mit seiner Bande die kühnsten Juwelen- und Kunstdiebstähle wagt. Da die Polizei ihn keiner Tat überführen konnte, zettelte sie einen Streit zwischen Cahill und der IRA an, die ihn 1994 erschoß. Diese Gangstervita erzählt der britische Altmeister John Boorman, noch einmal in Bestform, mit großer Faktentreue und noch größerer Kinophantasie.“ (Der Spiegel) Atlantis

H

Die Häupter meiner Lieben Deutschland 1999, R: Hans-Günther Bücking, D: Christiane Paul, Heike Makatsch

„Cora und Maja sind unzertrennliche Freundinnen. Sie verreisen gern zusammen und träumen vom lustigen Leben in der Toskana. Hin und wieder muß auch ein Mann dran glauben, wenn er der angestrebten Idylle im Wege steht. Was sich anhört wie der Beginn einer wunderbar makabren Komödie, ist leider nur eine werktreue Verfilmung des gleichnamigen Bestsellers von Ingrid Noll – ziemlich betulich, echt kuschelweich und erstaunlich witzfrei.“ (tip) CinemaxX, UFA-Palast, Passage (Del), Casablanca (Ol)

Hilary & Jackie Großbritannien 1998, R: Anand Tucker, D: Emily Watson, Rachel Griffith

„Mit Pauken und Trompeten inszeniert der Brite Anand Tucker die tragische Lebensgeschichte der genialen, jung verstorbenen Cellistin Jacqueline de Pré. Die autobiografische Vorlage („A Genius in the Family“) stammt von ihrer Schwester Hilary Finzi, die sich offensichtlich als lebenslanges Opfer einer schweren Neuritikerin, aber in Haßlieben der berühmten Schwester verbunden fühlt, die immer das wollte und bekam, was sie selbst hatte – schließlich sogar zwecks therapeutischen Beischlafs ihren Mann. Es ist vor allem Emily Watson und Rachel Griffith in den Rollen von Jackie und Hilary zu verdanken, daß der wild zwischen Farce und Melodram, Satire und Beziehungsstudie gondelnde Film in der zweiten Hälfte doch noch die emotionale Kraft erreicht, die ihn über eine schräge Kitschorgie hinaushebt.“ (Neue Zürcher Zeitung) Schauburg

I

Instinkt USA 1999, R: Jon Turteltaub, D: Anthony Hopkins, Cuba Gooding Jr, Donald Sutherland

„Der ehrgeizige Psychiater Cuba Gooding Jr. stürzt sich mit dem Segen seines Mentors Donald Sutherland auf seinen ersten großen Fall: die Rehablilitierung des unter Mordverdacht in einem Hochsicherheitstrakt einsitzenden Verhaltensforschers Dr. Anthony Hopkins, der mehrere Jahre unter Gorillas gelebt hatte. Ein unausgegorener Mix aus „Gorillas im Nebel“, „Einer flog übers Kuckucksnest“ und so ungefähr jedem Gefängnisfilm seit „Papillon“.“ (TV-Spielfilm) CinemaxX, UFA-Palast, UT-Kinocenter, Passage (Del), Ziegelhof-Kino (Ol)

J

John Carpenters Vampire USA 1998, R: John Carpenter, D: James Woods, Daniel Baldwin, Sheryl Lee

„Der Typ ist nicht nur häßlich, er riecht auch schlecht!“ – Vampirjäger Jack Crow (James Woods in bestechender Form) ist deutlich anzumerken, daß ihm die blutsaugenden Untoten mächtig auf den Zeiger gehen, speziell deren Oberanführer, Vampirfürst Valek. Crow wurde von Kardinal Alna (Maximilian Schell) in die Wüste von New Mexico geschickt. Im Auftrag des Vatikans soll er mit dem High-Tech-bewaffneten Team um Daniel Baldwin verhindern, daß Vale in den Besitz eines sagenumworbenen Kreuzes kommt. Ironisch, doch voller Respekt für das Genre, mit beinahe charmanten, weil gerade nicht digital erzeugten Effekten, ist „Vampire“ für den Kultregisseur John Carpeneter ein Schritt in die richtige Richtung. Wem sonst als Howard-Hawks-Fan Carpenter könnte es gelingen, einen modernen Vampir-Horrorfilm zu drehen, der in der Gestalt eines klassischen Western daherkommt?“ (TV-Spielfilm) Cinemaxx, UT-Kinocenter, Ufa-Palast

L

Lágrimas Negras (Scharze Tränen) Holland 1997, R: Sonia Herman Dolz / Originalfassung mit Untertiteln

Wie in „Buena Vista Social Club“ wird auch hier eine Gruppe von alten kubanischen Musikern dabei gefilmt, wie sie durch Europa touren, zu Hause in der Sonne viel legerer spielen und in die Kamera ihre Lebensgeschichten erzählen. „Lagrimas Negras“ kommt im direkten Vergleich viel unspektakulärer daher – die alten Herren des „Vieja Trova Santiaguera“ sind halt nicht solche begnadeten Selbstdarsteller wie ihre berühmteren Kollegen, und die holländische Filmemacherin Sonia Herman Dolz war auch nicht so auf der Suche nach dem pitoresken Detail wie Wim Wenders. Dafür läßt sich der Film mehr Zeit für die greisen Troubadoure und ihre Musik. Und so gibt es ein paar wunderschöne Einstellungen, die das Kamerateam nur mit viel Geduld in den Kasten bekommen haben düfte. Etwa wenn die Frau eines Senioren dessen Hemden bügelt und dabei erzählt, wie eitel er sich mit seiner Kleidung gebärdet, während dieser gleich nebenan faul und selbstzufrieden in seinem Sessel sitzt. Und ein rührender Höhepunkt ist die Pilgerfahrt der greisen Kubaner zum Grab von Karl Marx, oder „Carlos“, wie ihn die fünf liebevoll nennen. (hip) Kino 46

Lang lebe Ned Devine Großbritannien 1998, R: Kirk Jones, D: Ian Bannen, David Kelly

„In einem kleinen Dorf im Süden Irlands stirbt Ned Devine, der Gewinner des großen Lottojackpots, vor Schreck an einem Herzschlag. Doch ist das ein Grund, daß er seinen Gewinn nicht bekommt? Seine Nachbarn fassen, angeführt von dem regen Jackie O–Shea, den Plan, dem von der Lottogesellschaft entsandten Prüfer einen Gewinner namens Ned Devine zu präsentieren. „Waking Ned Devine“ ist einer dieser raren Filme, bei dem einem endlich wieder bewußt wird, wie schön und herzerfrischend Kino sein kann. Mit seinen skurrilen Gestalten, grandiosen Gesichtern und unbezahlbarem Witz erzählt Regiseur Kirk Jones eine Geschichte aus dem Leben, voller Herz und natürlich mit einem tiefen Blick in menschliche Abgründe. Doch wer würde nicht sein Glas auf das Wohl von Ned Devine erheben, dem mehrfachen Lottomillionär?“ (TV-Spielfilm) Filmstudio, Apollo (Whv)

Das Leben ist schön Italien 1998, R: Roberto Benigni, D: Benigni, Nicoletta Braschi

„In seinem vieldiskutierten (und -prämierten) Film spielt Benigni einen lebenslustigen, jüdischen Buchhändler, der nach einigen Jahren glücklichen Familienlebens mit seinem vierjährigen Sohn in ein deutsches Vernichtungslager gebracht wird, in das ihm seine junge Frau aus freien Stücken nachfolgt. Der Vater, der sein Kind im Lager verstecken kann, redet diesem ein, das ganze sei nur ein großangelegtes Spiel, bei dem der Gewinner mit einem richtigen Panzer belohnt werde. Benignis melancholische Clownerie und das vorzügliche Spiel aller Beteiligten machen dieses ebenso bewegende wie burleske Lagermärchen zu einer hintergründigen Tragikomödie.“ (NZZ) UT-Kino, Casablanca (Ol)

Little Voice Großbritannien 1998, R: Mark Herman, D: Jane Horrocks, Michael Caine

Man kann sich inzwischen darauf verlassen, daß aus Großbritannien in jeder Kinosaison mindestens eine Komödie kommt, die zugleich witzig ist, ans Herz geht und Außenseiter mit einem genauen Blick fürs Detail schildert. Regisseur Mark Herman hat nach „Brassed Off“ nun den nächsten Treffer gelandet, mit immerhin einer Oscarnominierung für die Schauspielerin Brenda Blethyn. Diese spielt hier die gleiche schrille, extrem rücksichtlose und tumbe Anti-Lady wie schon in Mike Leighs „Secrets and Lies“. Jetzt als eine Rabenmutter mit großer Klappe, die ihre scheue Tochter so einschüchtert, daß diese sich kaum aus ihrem Zimmer traut. Dort hat sie sich dafür mit Starpostern und Schallplatten eine Traumwelt aufgebaut, in der sie abwechselnd Judy Garland, Marilyn Monroe, Marlene Dietrich oder Shirley Bassey verkörpert: Der Witz dabei ist, daß sie tatsächlich genauso singen und sprechen kann wie ihre Idole. Der Film erzählt davon, wie ein abgehalferter Agent ihr Talent entdeckt, sie auf die Bühne bringt und dabei natürlich nicht mit ihrem komplizierten Innenleben gerechnet hat. Der Star des Films ist eindeutig die Schauspielerin Jane Horrocks. Alle Stimmen kommen tatsächlich aus diesem kleinen, unscheinbaren Persönchen, und dieses Kontrast reicht schon, um den Film zu tragen. Aber man muß auch das Geschick bewundern, mit dem Mark Herman eine sehr bewegende, zugleich melodramatische, komische und märchenhafte Geschichte um dieses merkwürdige Mädchen herumgebastelt hat. (hip) Filmstudio

Long Hello & Short Goodbye Deutschland 1999, R: Rainer Kaufmann, D: Nicolette Krebitz, Marc Hoseman

„Jeder betrügt hier jeden: der Bulle das Mädchen, das Mädchen den Gangster, der Gangster eine Ex. Film-Noir-Fragmente hat der Regisseur Rainer Kaufmann mit Manierismen und vorsätzlichen Handlungsbrüchen zu einem Zitate-Thriller montiert. Neben den Jungstars Nicolette Krebitz und Marc Hosemann spielt das modische Set-Design eine Hauptrolle. Ein Lifestyle-Krimi für die „Generation Wallpaper.“ (Der Spiegel) Schauburg, Ziegelhofkino (Ol)

M

MacCool und der Piratenschatz Australien 1998, R: Mario Andreacchio, D: Jason Robards, Jennifer Croft

„Ein 149 Jahre alter Papagei kennt das Versteck eines sagenumwobenen Piratenschatzes. Man will dem Star dieses Kinderabenteuers ja nichts Schlechtes wünschen, aber sein Geplapper nervt!“ (TV-Spielfilm) CinemaxX, UT-Kino, Passage (Del), Wall-Kino (Ol)

Matrix USA 1999, R: Andy & Larry Wachowski, D: Keanu Reeves, Laurence Fishburne

„Dieser Science-Fiction-Film war einer der Frühjahrshits in den USA und katapultierte Hauptdarsteller Keanu Reeves trotz gewohnt hölzener Leistung in die Zwölf-Millionen-Dollar-Klasse. Die Story bedient sich bei Mythen der Filmgeschichte, plündert „Alien“ ebenso wie „Strange Days“: Die Welt wird von Maschinen beherrscht, die die ahnungslosen Menschen in einer gewaltigen Computer-Simulation gefangenhalten. Nur eine Rebellenschar um den Anführer Morpheus (Laurence Fishburne) kämpft gegen die Versklavung. Der Clou des Films sind die mitreißenden Kung-Fu-Choreographien und sensationelle Special Effects. Nach „Matrix“ werden Action-Filme anders aussehen.“ (Der Spiegel) CinemaxX, UFA-Palast, UT-Kinocenter, Solitaire (Westerstede)

Mein großer Freund Joe USA 1998, R: Ron Underwood, D: Bill Paxton, Charlize Theron

„Der 1949 von Ernest B. Schoedsack inszenierte King-Kong-Nachfolger „Mighty Joe Young“ ist ein ideales Modell für einen Kinderfilm und damit für diese Disney-Produktion: Statt des Furcht und Schrecken verbreitenden Riesenaffen ist es hier ein junger Gorilla, der sich mit einem kleinen Mädchen anfreundet und von diesem und seinen Verbündeten vor bösen Menschen geschützt wird. Schon der Film von 1949 war etwas aufdringlich in seinem Bemühen, den Titelhelden als kuscheliges Wesen zu präsentieren. Der Fortschritt der Tricktechnik macht den Nachfolger (eine Mischung aus Computersimulation und Make-up-Technik) 50 Jahre später natürlich „realistischer“, auch wenn er in den (wenigen) Momenten, in denen Joe mal nicht rennen muß, etwas von dem altmodischen Charme seines mittels Stop-Motion-Technik bewegten Vorgängers hat.“ (epd-film) CinemaxX, UFA-Palast, UT-Kinocenter, Passage (Del)

Mifune (Dogma 3) Dänemark 1998, R: Soren Kragh-Jacobsen

Der dritte Film nach „Das Fest“ und „Idioten“, der nach dem Dogma einiger dänischer Filmemacher gedreht wurde, ist eindeutig der unterhaltsamste und unangestrengteste. Kragh-Jacobsen muß scheinbar nicht mehr wie Thomas Vinterberg und Lars von Trier etwas beweisen, und so geht er mit den Spielregeln (nur Handkamera, kein künstliches Licht, keine melodramatischen Effekte, keine Filmmusik usw.) sehr spielerisch um, bricht auch manchmal das Dogma souverän. Die Geschichte vom Yuppie, der auf dem elterlichen Bauerhof bei seinem geistig behinderten Bruder das wahre Leben und die Liebe findet, ist witzig, originell und mit viel Mitgefühl erzählt. Als Zugabe gibt es noch ein Orgasmusgebrüll, das Meg Ryan in „Harry & Sally“ dezent und keusch klingen läßt. (hip) Filmstudio

Die Mumie USA 1999, R: Stephen Sommers, D: Brendan Fraser, Rachel Weisz

„Das Remake des Universal-Klassikers „Die Mumie“ von 1932 orientiert sich leider zu sehr am heutigen Abenteuerfilm. Trotz stimungsvoller Horror-Elemente und spektakulärer Spezial-Effekte wird der Film durch nervige komödiantische Einlagen verwässert. Man wird zwar unterhalten, aber nie erschreckt.“ (tip) CinemaxX, UT-Kinocenter

N

Notting Hill, USA/Großbritannien 1999, R: Roger Mitchell, D: Julia Roberts, Hugh Grant

Die romantische Komödie dieser Kinosaison bringt das englische Flauschemännchen Hugh Grant mit Julia Roberts zusammen. Er ist ein netter, harmloser Buchhändler in London, sie ein Filmstar aus Hollywood und dreht gerade in England einen Film. Sie treffen sich, er schüttet Orangensaft auf ihr Kleid und den Rest können Sie sich ja denken. Mit dem Drehbuchautor Richard Curtis, dem Produzenten Duncan Kenworthy und eben Hugh Grant sind drei von den Machern von „Four Weddings and a Funeral“ wieder am Werk, und „Notting Hill“ ist ähnlich gut poliert und routiert inszeniert. Viele smarte Pointen, ein schönes Paar – was will am mehr? Aber wirklich spannend an „Notting Hill“ ist Julia Roberts. Denn sie spielt hier eine Rolle, die so nah an ihrem eigenen Image ist, daß man sich immer wieder fragt: Ist sie wirklich so? Würde sie wirklich so auf den absurden Medienrummel reagieren? Und sie läßt sich nie in die Karten schauen: Julia Roberts spielt immer haarscharf an einem Selbstportait vorbei, und dies tut sie virtuos. Durch sie wird die recht simple Prämisse des Films, nämlich die Frage, wie wir uns verhalten würden, wenn plötzlich ein Weltstar bei uns in der Küche sitzt, zum Ausgangspunkt für eine Reihe von wirklich brillanten Szenen. (hip) Gondel, CinemaxX, UFA-Palast, UT-Kino, Passage (Del), Wallkinos (Ol), Solitaire (Westerstede)

O

On connait la chanson Frankreich/Schweiz/Großbritannien 1997, R: Alain Resnais, Sabine Azéma, Piere Arditi, André Dussolier / Originalfassung mit Untertiteln

„Alain Resnais hat den vielleicht durchgedrehtesten und mit Sicherheit lustigsten Film seiner Karriere gedreht: Musical, Boulevardstück, Tragi-komödie und Kulturkritik mit den Mitteln des Chansons. Quer durch die Chansongeschichte setzt Resnais berühmte Lieder immer wieder wie Dialoge ein. Mit der Musik nimmt sich der Film ganz tröstlich der Sorgen und Selbstzweifel seiner Helden an, die sich mit Ehekrisen, Liebeskummer, falschen Traummännern und der Suche nach der Traumwohnung herumschlagen. Und durch die Platitüden, Binsenweisheiten und vertrauten Melodien der Chansons kommt man den Figuren nahe.“ (tip) Kino 46

P

Pünktchen und Anton Deutschland 1998, R: Caroline Link, D: Elea Geissler, Max Felder, Juliane Köhler

„Mit ihrem Kino-Debüt „Jenseits der Stille“ wurde die Regisseurin Caroline Link für den Oscar nominiert. Das wird diesem Film nicht passieren. Zu niedlich die Kinderdarsteller, zu altbacken die Kästnerschen Scherze und Charaktere. Die „German Classics“ von Sat 1 lassen grüßen. Schade, denn mit den Mutterfiguren Juliane Köhler und Meret Becker beweist Link, daß sie moderne Charaktere zeichnen kann.“ (Der Spiegel) CinemaxX

R

Reine Nervensache USA 1999, R: Harold Rami, D: Robert DeNiro, Billy Crystal

„Der New Yorker Mafia-Boß Paul Vitti (Robert DeNiro) hat urplötzlich unerklärliche Hemmungen bei der Ausübung seiner kriminellen Tätigkeit. Durch Zufall gerät er an einen Psychoanalytiker (Billy Crystal), von dem er sich Heilung erwartet. Das Reich der Paten und Goodfellas kollidiert in Harold Rami's Komödie mit dem Stadtneurotiker-System. Aus diesem culture clash zweier geschlossener Gesellschaften entwickelt sich konsequent der allerschönste Wahnwitz. Ein Angebot, das man nicht abschlagen kann.“ (tip) CinemaxX

S

Schritte der Achtsamkeit Schweiz 1997, R: Thomas Lüchinger

„Der Film dokumentiert die Reise des buddhistischen Mönchs Thich Nhat Hanh durch Indien, wo er predigt und Übungen zur Selbstbesinnung demonstriert. Der im französischen Exil lebenden Vietnamese lehrt eine praktische Methode der Meditation und Bewußtseinserweiterung.“ (tip) Cinema

Sirga, die Löwin Frankreich 1996, R: Patrick Grandperat, D: Marthuin Sinze, Salif Keita

„Eine Geschichte zwischen Urwald und Märchen: Im afrikanischen Busch werden gleichzeitig ein Löwen- und ein Menschenbaby geboren; es dauert nicht lange, und ihre Wege kreuzen sich. Bilder der afrikanischen Steppe und des Urwaldes, die Lebensgewohnheiten des Stammes, zeigen uns ein fremdes Land und entführen in eine fremde Kultur.“ (epd-film) Schauburg

V

Von Super-8 bis Oscar-35 Deutschland, USA 1940er bis 90er, R: diverse

Ein Kurzfilmprogramm umsonst und draußen u.a. mit den deutschen Oscarpreisträgern „Balance“ und „Schwarzfahrer“ sowie alten Disneyfilmen mit Mickey Maus als „Zauberlehrling“, Donald und den A- und B-Hörnchen. Haus am Walde am Kuhgraben

W

Wild Wild West USA 1999, R: Barry Sonnenfeld, D: Will Smith, Kevin Kline, Keneth Branagh

„Dieser Film ist eine Komödien-Todeszone. Man starrt voller Unglauben auf die Leinwand, wo Szenen hinplumpsen und verenden. Der Film ist nur Konzept und kein Inhalt; die aufwendigen Spezialeffekte wirken so, als würde man zusehen, wie Geld auf der Leinwand verbrannt wird. Man weiß, daß etwas schiefgegangen sein muß, wenn eine Geschichte von zwei Westernhelden handelt, und in der letzten Einstellung eine mechanische Spinne in den Sonnenuntergang reitet. Will Smith und Kevin Kline sind die Co-Stars und spielen Spezialagenten, die von Präsident U.S. Grant beauftragt wurden, das Verschwinden einer Handvoll von Wissenschaftlern zu untersuchen. Sie stolpern über den Plan eines Größenwahnsinigen, der die Hälfte der USA wieder an England und Spanien zurückgeben und den Rest behalten will. Der Bösewicht ist ein verrückter Wissenschaftler, der dampfbetriebene Eisen-Tarantulas baut, die im Monument Valley nicht sehr praktisch sind, aber wen kümmert das schon. Sicher niemanden in diesem Film. Smith und Kline scheinen ständig vor Rückprojektionen voneinander zu agierien. Sie tun, was verlangt ist, aber es gibt keinen Augenkontakt. Stellen Sie sich Bill Clinton und Kenneth Star als Partner in einem Wohltätigkeits-Golf-Turnier vor.“ (Roger Ebert, Chicago Sunday Times) Cinemaxx, UFA-Palast, UT-Kinocenter, Lichtspielhaus (Del), Wall-Kino (Ol), Solitaire (Westerstede), Lindenhof-Lichtspiele (Wildeshausen)

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen