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SPD-Senatorin Stahmer weiter gegen Fixerstuben

■ Staatsanwaltschaft würde Druckräume für Junkies wegen neuer Rechtslage „hinnehmen“

Die fortschrittliche Drogenpolitik in Berlin hat einen Gegner weniger. Nachdem die Bundesregierung am Mittwoch einen Gesetzentwurf beschlossen hat, der sogenannte Druckräume rechtlich absichert, mußte Generalstaatsanwalt Dieter Neumann seinen bisherigen Widerstand aufgeben. „Wenn in Bonn die gesetzlichen Grundlagen geschaffen werden und Druckräume in Berlin politisch gewollt sind, werden wir sie dulden“, sagte Berlins oberster Ankläger gestern zur taz.

Anders als seine Kollegen in Frankfurt am Main hatte Neumann bislang zu den entschiedenen Gegnern solcher Räume gehört und stets angedroht, die Staatsanwaltschaft würde sie sofort schließen und Ermittlungsverfahren gegen die Betreiber einleiten.

Für die zuständige Jugendsenatorin Ingrid Stahmer (SPD) dagegen hat der Vorstoß aus Bonn nichts verändert. „Unabhängig von der Rechtslage sind wir weiterhin gegen Druckräume“, sagte Stahmers Sprecherin Bettina Martin, „denn die Nachteile überwiegen die Vorteile.“ Sie sieht die Gefahr, daß ein Druckraum eine größere Szene anzieht und daß dort gedealt wird.

Diese Gefahr sehen auch die BefürworterInnen von Druckräumen, darunter die zuständigen StadträtInnen aus Kreuzberg, Schöneberg und Charlottenburg. Sie fordern deshalb seit langem nicht nur eine, sondern mehrere solcher Einrichtungen. Nach Vorstellungen von Hannelore May, Ulrike Herpich-Behrens (beide Grüne) und Udo Maier (SPD) sollte es am Kottbusser Tor, der Kurfürstenstraße und am Bahnhof Zoo Fixerstuben geben. Die Kreuzberger Bezirksverordnetenversammlung (BVV) hatte bereits im vergangenen Jahr die Einrichtung des ersten Berliner Druckraums am Kottbusser Tor beschlossen – die Umsetzung aber ist bislang am Widerstand der Staatsanwaltschaft und des Senats gescheitert.

May und Herpich-Behrens haben gestern an Jugendsenatorin Stahmer appelliert, ihre ablehnende Haltung jetzt zu revidieren. „Die Senatorin soll sich einen Ruck geben und den Signalen aus Bonn folgen“, forderte die Kreuzberger Stadträtin. „Sie sollte zumindest einen Modellversuch unterstützen“, sagte ihre Schöneberger Kollegin.

Die beiden StadträtInnen sehen zwei Chancen: Sterile Druckräume könnten die gesundheitliche Situation von Drogenabhängigen verbessern, die bisher extrem häufig mit Hepatitis, HIV und Tuberkulose infiziert sind. Zudem entlasten solche Einrichtungen die AnwohnerInnen, weil weniger in Parks und auf Kinderspielplätzen konsumiert wird.

Nordrhein-Westfalen reagierte gestern anders als Berlin: Dort soll es künftig in elf Städten Druckräume geben. Auch in Lübeck wird nun über die die Einrichtung einer Fixerstube nachgedacht. In Frankfurt, Hamburg, Saarbrücken und Hannover gibt es bereits solche Räume. Sabine am Orde

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