■ Die anderen: "Pravo", "Die Presse" zur vorzeitigen Ablösung von Nato-Oberbefehlshaber Clark / "Liberation", "L 'Union" zum Urteil des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte gegen Frankreich
„Právo“ aus Prag zur vorzeitigen Ablösung von Nato-Oberbefehlshaber Clark: Wesley Clark hatte sich während der Bombardierung stets für eine harte Gangart gegen Präsident Miloševic ausgesprochen, eine Ausweitung der Ziele befürwortet und den Einsatz von Bodentruppen nie ausgeschlossen. Dieser Eifer war nicht nach dem Geschmack der US-Regierung in Washington, und zu Beratungen nach Brüssel wurde er mit dem Hinweis nicht eingeladen, seine Meinungen seien hinreichend bekannt. Nun soll Clark möglicherweise zum US-Botschafter irgendeines Landes ernannt werden. Doch darüber wollte er bisher selbst nicht spekulieren.
„Die Presse“ aus Wien zum selben Thema: Nach langen elf Wochen hat die Nato den Rückzug der Serben erzwungen. Aber es hat auch Fehlschläge gegeben: Über den Schaden für die jugoslawische Armee etwa streiten sich die Experten. Aber der Kosovo ist nicht mit dem Irak und dem Bombenerfolg Norman Schwarzkopfs zu vergleichen. Und schließlich hat die internationale Gemeinschaft Clarks Angebot eines „sauberen“ Luftkrieges für den ersten Nato-Kriegseinsatz gerne angenommen – und dann, als Clark kein Weiterkommen sah und einen Bodeneinsatz vorschlug, noch mehr als nur gezögert. Was also wäre Clark vorzuwerfen?
„Libération“ aus Paris zum Urteil des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte gegen Frankreich: Natürlich ist Frankreich keine Diktatur, in der sich Polizeibrutalität ungezügelt breitmachen kann. Es geht um ein philisterhaft gutes Gewissen, das sich im Namen der allgemeinen Einhaltung der Menschenrechte von Vorgehensweisen freispricht, die gegen die Menschenrechte verstoßen. Mag das Innenministerium ruhig weiter von der Überlegenheit der französischen Gesetzgebung reden – das europäische Urteil wird doch heilsame Auswirkungen haben – auf die Art, wie der Justizapparat in Zukunft mit ähnlichen Klagen umgehen wird.
„L'Union“ aus Reims meint: Die Verurteilung Frankreichs ist eine gute Lehre zum Meditieren. Selbst wenn das Urteil Proteste der Polizeigewerkschaften auslöst, wenn es einen Konflikt zwischen Zweckmäßigkeit und Zuständigkeit hervorruft und wenn es ein wenig unverhältnismäßig hinsichtlich des benutzten Begriffes – „Folter“ – ist. Denn abgesehen von dem Fall des Rauschgifthändlers, der auf einer Polizeiwache mißhandelt wurde, soll diese einstimmig von den Richtern beschlossene Verurteilung des Landes der Menschenrechte fraglos zeigen, daß niemand Straffreiheit beanspruchen kann, der ein Mindestmaß an Menschlichkeit nicht respektiert.
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