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Geschichte der Nacht

Im Verlauf ihrer Generationen

gründeten die Menschen die Nacht.

Anfangs war sie Blindheit und Traum

und Dornen, die den nackten Fuß ritzen.

Nie werden wir wissen, wer das Wort schmiedete

für den Zwischenraum aus Schatten,

der die beiden Dämmerungen trennt.

Andere zeugten den Mythos.

Sie opferten ihr schwarze Schafe

und den Hahn, der ihr Ende voraussagt.

Nun empfinden wir sie als unerschöpflich

wie einen alten Wein,

und niemand kann sie ohne Taumel betrachten,

und die Zeit hat sie mit Ewigkeit beschwert.

Und zu denken, dass sie nicht existieren würde

ohne diese schwachen Werkzeuge, die Augen.

Jorge Luis Borges: Gesammelte Werke, 9 Bd.,

Hanser Verlag 1980/83, gekürzt.

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