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Rugova will Einfluss zurückgewinnen

■ Die Demokratische Liga Kosovos wird künftig im Rahmen des Konsultativrates mit der UÇK zusammenarbeiten

Ibrahim Rugova ist auf die politische Bühne zurückgekehrt. Der im März 1998 in Untergrundwahlen wieder gewählte und international nicht anerkannte Präsident des Kosovo will nun doch Mitglieder seiner Partei, der Demokratischen Liga Kosovos (LDK), in den so genannten Konsultationsrat schicken. Dieser Gesinnungswandel wurde nach direkten Gesprächen mit dem politischen Führer der UÇK und selbst ernannten Premierminister, Hashim Thaci, möglich, die am Donnerstagabend stattgefunden haben.

Ab jetzt sind alle politischen Strömungen der Kosovo-Albaner in dem Konsultativrat vertreten: die LDK, die UCK, so genannte Unabhängige wie der Herausgeber der Tageszeitung Koha ditore, Veton Suroi, und Mitglieder der im Kosovo lebenden Minderheiten der Serben, Roma und der so genannten Ägypter. Der Konsultativrat hat die Aufgabe, die Abgesandten der internationalen Gemeinschaft und die UN-Verwaltung bei ihren Entscheidungen zu beraten.

Rugova zögerte bisher mit dem Beitritt, weil ihm die Anzahl der LDK-Vertreter als zu niedrig erschien. Nach der bisherigen Zusammensetzung waren mehr Mitglieder der UÇK vertreten, als für die LDK vorgeschlagen waren. Der Anteil der LDK wird voraussichtlich auf vier Vertreter aufgestockt. Damit hat die internationale Verwaltung ein wichtiges Ziel errreicht und die beiden Hauptströmungen der Kosovoalbaner in die Verantwortung genommen. Hashim Thaci, der sich vom Buhmann zum Liebling der internationalen Gemeinschaft gewandelt hatte und vor allem von der US-Administration als der wichtigste kosovo-albanische Politiker betrachtet wird, wird in Zukunft nicht mehr allein den Ton angeben können. Präsident Rugova und seine Regierung unter dem Exil-Premierminister Bujar Bukoshi werden nun ebenfalls bei allen Entscheidungen konsultiert.

Der Aufstieg Thacis als wichtigster Gesprächspartner des Westens war nicht nur deshalb möglich geworden, weil die UÇK nach dem Ablauf des Nato-Ultimatums die einzige noch verbleibende intakte Kraft der Kosovo-Albaner erschien. Nach der Deportation von mehr als 900.000 Menschen durch die serbischen Streitkräfte in die Nachbarländer Makedonien, Albanien und Montenegro waren auch die Strukuren der ehemals dominierenden Demokratischen Liga, der LDK, zusammengebrochen. Rugova spielte selbst eine höchst unglückliche Rolle, als er unter Hausarrest in Pristina gehalten wurde. Sein Aufruf zum Stopp der Nato-Bombenangriffe nach einem Treffen mit Slobodan Milosevic in Belgrad wird ihm in der kosovo-albanischen Bevölkerung nach wie vor angekreidet.

Sein Stern sank noch weiter, als er nach seiner Freilassung nach Italien es im Mai dieses Jahres nicht für nötig hielt, in die Flüchtlingslager zu kommen und klare politische Signale an die Kosovaren zu senden. Dass Rugova nach dem Einmarsch der Nato nicht sofort in das Kosovo gereist ist, hat ihn zusätzlich Ansehen gekostet. So wuchs der in Tirana selbst ernannte Premierminister Hashim Thaci notgedrungen in die Rolle des Führers aller Kosovo-Albaner, wobei er von Madeleine Albright kräftig untersützt wurde.

Doch auf der unteren Ebene arbeiten Mitglieder der UÇK und der LDK beim Aufbau der Verwaltungen in vielen Städten und Gemeinden schon seit Wochen zusammen. Nur dort, wo die UÇK rigoros auf einem Führungsanspruch besteht, ist es zu größeren Reibereien mit der LDK gekommen. Die jetzt beschlossene Zusammenarbeit im Kosultativrat spiegelt auch das sich grundsätzlich verbessernde Verhältnis beider Strömungen wider. Erich Rathfelder, Skopje

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