: Die Rockmusik ist eine Ausdrucksform mit Bedeutung
■ Ausreichend staatstragend: Die maltesischen Poprocker Beangrowers kultivieren traditionelle Kniffs und Tricks
Zu Hause sind die Beangrowers mehr als eine Popband. Auf Malta werden sie gepflegt wie eine Sehenswürdigkeit von nationaler Bedeutung. So findet sich auf der offiziellen Werbe-Website der südlich von Sizilien liegenden Insel ein Verweis auf die Homepage der Band. Der Stolz ist allerdings verständlich: Die Beangrowers sind die allererste maltesische Band, die jemals einen internationalen Plattenvertrag unterschrieben hat.
Man kann den Heldenstatus in der Heimat, die Bassist Mark Sansone als „manchmal etwas klaustrophobisch“ empfindet, als Provinzialität abtun. Man kann es aber auch so sehen: Die Rockmusik, die die Beangrowers machen, klingt ausreichend staatstragend. Das Trio reklamiert, dass man auf Malta musikalisch zwischen Amerika und Europa sitzt und sich seit der Gründung vor sieben Jahren, als die Mitglieder allesamt gerade mal 15 Jahre alt waren, so das Beste aus beiden Welten suchen kann. Gefunden hat man dabei allerdings oft nur den kleinsten gemeinsamen Nenner.
So wird hier Poprock kultiviert als wertvolles Kunsthandwerk mit all seinen traditionellen Kniffs und Tricks. Da werden ziselierte Intros von bratzenden Gitarren abgelöst oder ein öder Midtempo-Rhythmus mit der leicht kippenden Stimme von Sängerin Alsion Galea kontrastiert, die Brüchigkeit suggerieren soll. Dabei steht dieser Sound felsenfest auf den gesammelten und gut abgehangenen Errungenschaften von mehr als vier Jahrzehnten Rockmusik. Die Songs werden so klassisch aufgebaut, als hätte es Postrock nie gegeben. Zugegeben: Die Illusion ist perfekt. Fast möchte man wieder daran glauben, dass die Welt noch in Ordnung und Rockmusik eine Ausdrucksform mit Bedeutung ist und nicht nur eine besonders perfide Form der Massenunterhaltung.
Dabei klingt die Musik der Beangrowers teilweise wirklich so wunderschön, dass man sich kaum entscheiden kann, ob man sie abgeschmackt oder geschmackvoll finden soll. Wahrscheinlich ist beides wahr, wahrscheinlich gehören diese Kategorien heutzutage unweigerlich zusammen. Schlussendlich ist es halt Vergnügen ohne Reue: Im durchaus flotten und eingängigen „Poody Winkles“ reimt sich tatsächlich noch „sit together in the sun“ auf „having fun!“.
Droht uns nun eine maltesische Welle? Ein Seattle im Mittelmeer? „Wir hatten einfach Glück“, sagt Galea, „wir sind nur eine von vielen Bands. Es gibt viele gute Bands auf Malta. Vielleicht wird unser Erfolg anderen Plattenfirmen die Augen öffnen.“
Thomas Winkler
Heute, 21 Uhr, Knaack, Greifswalder Straße 224, Prenzlauer Berg
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