: Bunt statt gelb: Partei in Sicht
Schleswig-Holsteiner Ex-Grüne wollen Partei oder Listenverbindung gründen. Kontakt mit Hamburger Regenbogen gesucht ■ Von Peter Ahrens
Adelheid Winking-Nikolay spricht ungern von den Grünen. Sie nennt sie lieber„Bündnis 90/Die Gelben“ – was alles über ihr Verhältnis zu der Partei sagt, der sie sieben Jahre angehörte und für die sie im Kieler Landtag saß. Die jetzt einzige parteilose Abgeordnete hat eine Initiative Ex- und Noch-Grüner in Schleswig-Holstein gegründet. Ihr Ziel: Eine neue Partei oder zumindest eine Liste. Kontakte mit Gesinnungsgenossen werden gerade gesucht – etwa beim Hamburger Regenbogen.
Die Gründe, erneut den Status einer Partei anzusteuern, sind „rein formal“, betont Winking-Nikolay: Man spare Steuern und bekomme Wahlkampfkosten erstattet. Am 24. September soll das erste öffentliche Treffen der Gruppe in Lübeck sein. Bis dahin hat die Gruppe eventuell auch einen Namen – und auch mehr Mitglieder. Bei einem ersten Treffen Anfang Juli fanden sich gerade einmal zwanzig Leute ein. In Schleswig-Holstein haben seit Kriegsbeginn rund 180 Mitglieder (10,5 Prozent) die Grünen verlassen. Winking-Nikolay ist wegen des „Realo-Kurses der Fraktion“ schon Anfang März ausgetreten.
„Rausgegangen sind ja nicht die, die nicht mehr grün genug waren, sondern die zu grün sind“, weiß die Abgeordnete. Sie hofft jetzt auf Zuwachs aus Naturschutzverbänden und Bürgerinitiativen: „A 20, Transrapid, Krümmel – wir haben ja alles hier.“ Und sie setzt auf „den totalen Frust“, den sie bei der grünen Basis ortet. „Oben wird eingerissen, was unten mühsam aufgebaut wird“, sagt die Biologin und erkennt bei ihrer Ex-Partei nur noch „das Gieren nach irgendeiner Mitte“.
Es ist schon der zweite Austritt von Winking-Nikolay. 1992 hatte sie das SPD-Parteibuch nach 20-jähriger Mitgliedschaft abgegeben. Die PDS ist für die 55-jährige „keine ernsthafte Alternative im Westen“. Ob sie den Platz, den ihr die Partei für die kommende Landtagswahl auf ihrer Landesliste angeboten hat, annehmen will, weiß sie noch nicht: „Ich habe das ja bisher nur aus der Presse.“
Auch Heike Sudmann, Sprecherin der Regenbogen-Bürgerschafts-gruppe, weiß zwar noch nichts davon, dass die Schleswig-Holsteiner Gruppe vor allem mit den HamburgerInnen kooperieren will. Allerdings bestehen bereits Kontakte zwischen Regenbogen und den Gruppen-Mitgliedern aus Barsbüttel im Kreis Stormarn. Sudmann kann sich eine Vernetzung vorstellen: „Wir wollen letztlich bundesweit kooperieren, und da wäre es doch gut, wenn man in benachbarten Bundesländern damit anfängt.“
Die neue Gruppierung will bei der Landtagswahl in Schleswig-Holstein im Januar 2000 noch nicht antreten, sondern wartet auf die Zukunft – und die heißt 2003 Kommunalwahl. Bis dahin könnte die Fünf-Prozent-Klausel wie schon in anderen Bundesländern auch in Schleswig-Holstein kippen. Winking-Nikolay sieht die Gruppe dann schon in die Stadtparlamente einziehen: „Die Unzufriedenheit mit SPD und Grünen ist auch hier im Norden riesig“ – und das ist ihre Hoffnung.
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