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„Wir waren einfach zu brav“

Pop, Politik, Pleite: Das Magazin „Park & Ride“ meldet Konkurs an  ■ Von Felix Bayer

Noch immer wird die Ausgabe des Magazins Park & Ride angepriesen, die mit der Titelzeile „Der heiße Scheiß“ einen zehnseitigen „Bikini-Battle“ ankündigt. Doch wahr ist vielmehr, dass mit Park & Ride nichts mehr geschehen wird, denn der herausgebende Verlag Rush Media hat seinen letzten Kampf verloren. Ende vergangener Woche wurde der Konkursantrag gestellt; Park & Ride ist eingestellt, eine neue Ausgabe, die nach dem Zweimonatsrhythmus dieser Tage erschienen wäre, wird es nicht mehr geben.

„Wir wollten das neue Magazin schaffen, von dem alle nachts in den Bars so oft fabulierten, als litten sie unter demselben Phantomschmerz wie wir“, hieß es im November 1998 im Editorial zur ers-ten Ausgabe der damals noch als Park erscheinenden Zeitschrift. Und tatsächlich war die Neugier auf ein Magazin, das programmatisch „Pop, Politik, Produkte“ auf den Titel schrieb, damals groß. „In der Anfangsphase wurden viele Fehler gemacht“, sagt Mitherausgeber Ralf Grauel in einer Pause vom Konkursabwickeln und bedauert „die Unerfahrenheit aller Beteiligten“.

In den ersten Monaten habe es keine Zahlen gegeben, weder vom Vertrieb noch über die Redaktionsausgaben. Und als dann die Bilanzen kamen und ein kräftiges Minus auswiesen, wurde trotzdem weiter ausgegeben. „Da hätte der Geschäftsführer dem Chefredakteur auf die Finger hauen müssen“, sagt Grauel, aber das sei schwierig gewesen, denn der frühere Szene- und Frontpage-Chefredakteur Klaus Vogt bekleidete beide Posten. Grauel: „Also musste man sich trennen.“ Anne Philippi, die mit Grauel und Vogt das ursprüngliche Konzept entworfen hatte, übernahm mit Jessica Nitschke die Chefredaktion für eine Ausgabe, die die letzte werden sollte, weil Grauel daran scheiterte, neue Investoren in den Verlag einzubinden.

Zu allem Überfluss verlor Park zwischendurch auch noch seinen ursprünglichen Namen, unter dem seit Jahren in Berlin ein kleines Literaturmagazin firmiert, wie man von dessen Anwalt erfuhr. Fragt sich nun, ob über das Bedauern hinaus, dass ein abseits der Großverlage gegründetes Zeitschriftenprojekt gescheitert ist, Park & Ride vermisst werden wird.

„Natürlich haben wir weniger Hefte verkauft, als wir gedacht haben“, gibt Ralf Grauel zu. Er glaubt jedoch weiterhin, dass die Mischung aus Pop, Politik und Produkten im Tagesgespräch existiert, nur sei es nicht gelungen „zu zeigen, wo sich das überschneidet. Wir waren zu schwerfällig mit unserer Positionierung.“

Die Themenmischung aus monothematischen Modestrecken mit bleichen Models, Selbstbeweihräucherung von Rocko Schamoni, Kaufempfehlungen für Fernbedienungen zwischen 19,90 und 699 Mark und tortenwerfenden Spaßguerillerosenioren aus Belgien war gewagt und erschien manchem beliebig. Viele Themen standen unvermittelt nebeneinander, so dass sich der „poplinken“ Beute der Eindruck aufdrängte, Politik sei hier nur „eine Style- Option unter anderen“. „Vielleicht hätten wir uns darauf konzentrieren sollen, ein richtig gutes Popmagazin zu machen“, merkt Anne Philippi an, aber „mir ist klargeworden, dass man das Heft so sehr hätte umändern müssen, dass es besser wäre, einfach neu anzufangen“.

So bleibt von Park & Ride, dass sich Art Director Hans Löffler einen Namen gemacht hat; vielleicht auch für manche der Fotografen, von denen Saatchi & Saatchi Mappen angefordert hat, der eine oder andere lukrative Auftrag; sowie für die anderen Beteiligten Trauer und ein Haufen Schulden. Und die Erinnerung an eine Zeitschrift, die versuchte, sich ihre Zielgruppe zu züchten, der aber über weite Strecken die Brillanz und Autorität fehlte, um das zu schaffen. „Wir waren zu brav“, meint Anne Philippi, „unsere Themen standen oft nicht in Verbindung mit den Sachen, die in Deutschland so passieren.“

So endet der Versuch, auch ohne vorher „80 Nullnummern durchgetestet zu haben“ (Philippi), ein Magazin auf dem Markt zu halten. Schade, aber toll. Denn alle ProtagonistInnen haben schon wieder Pläne. Anne Philippi schwebt zum Beispiel „schlauer Boulevard“ wie beim US-Magazin „Talk“ vor. Im Gästebuch auf der Website findet sich übrigens nicht ein einziger Eintrag zum Ende der Zeitschrift.

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