Von Schubert bis Modern Dance

■ Am Freitag beginnt das bis Anfang Oktober dauernde 10. Musikfest mit dem Auftritt des Stardirigenten John Eliot Gardiner

Über die vor Monaten erfolgte Neustrukturierung der Organisation des Musikfestes wurde anlässlich der Pressekonferenz für die nunmehr zehnte Auflage dieses Klassik-Großereignisses nicht mehr geredet. Das Impressum des Programmmagazins zählt eine bunte Mischung aus Menschen aus der Agentur CP auf, weiter aus der Konzertagentur Praeger & Meier, die noch im Besitz von CP ist, aus der Glocke, die aber als Geschäftsführung des Musikfestes in diesem Falle mit Musikfest Bremen GmbH firmiert. Fast dreißig Personen sind da in verantwortlichen Positionen zu lesen, eine Neuigkeit für das Musikfest, das bislang gegenüber der Öffentlichkeit nur aus Thomas Albert und dem Konzertveranstalter Hermann Pölking-Eiken bestand. Seit jener Neustrukturierung im März ist nun Ilona Schmiel die neue Geschäftsführerin des Musikfestes, betraut mit der finanziellen und organisatorischen Neuordnung des Festivals. Der Intendant Thomas Albert bleibt als Gründer des Musikfestes verantwortlich für das Sponsoring und das Programm.

Mit einem Etat von fünf Millionen Mark ausgestattet, beginnt das Musikfest am Freitag also zum zehnten Mal, gut beschützt von der Kulturbehörde, die bei der Pressekonferenz durch die neue Staatsrätin für Kultur Elisabeth Motschmann vertreten war. Das Eröffnungskonzert bestreiten das „Orchestre de Révolutionaire et Romantique“ unter John Eliot Gardiner, den nun schon lange Jahre mit Bremen verbinden. „Sein“ Orchester steht beispielhaft für das, was das Musikfest im Prinzip generell wollte, nur nicht ganz durchgehalten hat: die gezielte Wahl des Klangkörpers, um mit ihm konkrete Interpretationsideen umzusetzen (John Eliot Gardiner hat es nach einem kurzen Versuch als Leiter des NDR-Sinfonieorchesters aufgegeben, mit diesem Klangkörper die klassische und frühromantische Literatur zu spielen und ist – reumütig? – zur historisch üblichen Instrumentation zurückgekehrt).

Das Orchester „Anima Eterna“ unter Jos van Immerseel, das uns in Bremen bereits atemberaubende Interpretationen der Werke von Franz Schubert und Ludwig van Beethoven geschenkt hat, versteht sich diesmal als Spezialensemble für den „Wiener Klang“. Was darunter zu verstehen ist, wollen sie in einem reinen Johann-Strauß-Konzert zeigen. Na ja. Zeitlich und thematisch in einer ähnlichen Ecke angesiedelt sind das „Orchester des 18. Jahrhunderts“ unter Frans Brüggen mit der sechsten und siebten Sinfonie von Beethoven sowie das „Chamber Orchestra of Europe“ mit Klavierkonzerten von Mozart.

Kammermusik und Liedgesang vom Feinsten: ganz sicher kann man das erwarten vom Rubinquartett, das durch ein exzellent zusammengestelltes Programm auffällt, vom Jahrhundertpianisten Maurizio Pollini und der Jahrhundertsängerin Jessye Norman. Dirigent Thomas Hengelbrock gräbt weiter Melodramen aus: nach „Peer Gynt“ von Ibsen im letzten Jahr – das auch während des diesjährigen Musikfestes noch einmal wiederholt wird – hat die Zusammenarbeit mit Klaus Maria Brandauer diesmal „Egmont“ von Ludwig van Beethoven ergeben. Gespannt sein darf man auf „Lachrimae Novae“, wenn der Jazzkontrabassist Barry Guy, der Lautenist Stephen Stubbs, die Geigerin Maja Homburger, der Saxophonist John Surman und der Tenor John Potter „Neue Perspektiven zur Musik John Dowlands“ bieten. Noch viel Schönes gibt es, nicht alles reißt vom Hocker, aber alles ist gut. Diese Garantie hat das Musikfest trotz manchem Konzeptionsverlust noch immer geben können.

An den Erfolg von „Stomp“ will man anschließen mit der Verpflichtung von „Cool Heat Urban Beat“, der „exzellentesten Rhythmus- und Tanzgruppe, die es zur Zeit gibt“ (Thomas Albert). Neu ist die Kooperation mit der Kunsthalle: jedem Konzert ist ein Bild zugeordnet, das in einem kunstwissenschaftlichen Kommentar immer zwanzig Minuten vor dem Konzert vorgestellt wird. Es bleibt abzuwarten, ob das nicht doch ein bisschen gewollt ist. Die Stringenz der Verbindung von bildender Kunst und Musik lässt sich so wohl kaum zeigen.

Neu ist auch die ständige Informationsmöglichkeit über das Musikfest via D2-Fernseh-Infokanal, so man ihn denn empfangen kann. Ilona Schmiel ist allerbesten Mutes: „34.000 Karten sind verkauft und die geplante Auslastung von 85 Prozent werden wir erreichen“. Hoffentlich stimmt das. Denn in der Vergangenheit wurden die Auslastungszahlen des Musikfestes so manches Mal nach außen schön geredet.

Ute Schalz-Laurenze

Das Auftaktkonzert am Freitag beginnt um 20 Uhr in der Glocke. Infos über weitere Termine und Aufführungsorte im taz-Tageskalender und unter Tel.: 339 11Tel.: bzw. Tel.: 0180/33 60 222 sowie im Internet unter www.musikfest-bremen.deTel. :