■ Filmstarts a la carte: Techno für die Eingeborenen
Das 1. Festival del Cine Cubano mit vielen Spiel-, Dokumentar- und Kurzfilmen aus dem und über das Land mit dem Zigarre rauchenden Präsidenten und dem vorbildlichen Gesundheitssystem stellt zur Zeit das Balász-Kino vor. Einer der bizarrsten Filme dürfte Torsten Schulz' kommentarlose Dokumentation „Techno Salsa“ sein: Vier Techno-DJs bringen den Eingeborenen die Musik des weißen Mannes (oder was sie dafür halten) näher und werden im Gegenzug mit einigen älteren Herren einer lokalen Kapelle konfrontiert, die ihnen flotte Salsa-Rhythmen um die Ohren haut. Klingt ganz nach einem blöden Motto von Dr. Motte – à la „Music is the Key“ zum besseren Verständnis der Kulturen – und klappt natürlich überhaupt nicht: Die abschließende Jam-Session der Musiker klingt durchweg schauderhaft und lässt alle Beteiligten ziemlich ratlos zurück. Dass die Kubaner nicht unbedingt deutsche Elektronik benötigen, um ordentlich Party zu machen, hatte dabei längst eine andere Szene verdeutlicht: Als nämlich irgendwann einmal der Strom ausfällt, holt jemand einfach seine Trompete hervor und lockert den Abend zur Begeisterung der Anwesenden mit einem zwar nicht sonderlich virtuosen aber dafür umso beseelteren Solo auf.
„Techno Salsa“ 28.8. im Balász 2
Ed Wood allerorten. Verfiel doch erst kürzlich Regisseur Aris Iliopulos auf die nahezu grenzdebile Idee, seinen Film „I Woke up Early the Day I Died“ nach einem bislang nicht verwendeten Drehbuch des Fifties-Trash-Filmers zu drehen. Da steigt natürlich auch wieder das Interesse am Leben des kinobesessenen Stümpers, wie es Tim Burton mit Johnny Depp in der Hauptrolle als grandiose tragikomische Hommage „Ed Wood“ auf die Leinwand brachte. Wood und sein Partner in crime, der alte, schwer drogensüchtige Ex-Dracula- Darsteller Bela Lugosi (Martin Landau) als letzte Vertreter eines fantasievollen und enthusiastischen Autorenfilms – das ist gleichermaßen komisch wie anrührend. Und so kommt es schließlich auch zur (fiktiven) Begegnung Woods mit seinem Idol Orson Welles: Wichtig sei nur, lässt Burton den berühmten Filmemacher sagen, dass man niemals künstlerischen Kompromisse eingehe und sich nicht von seinen Träumen abbringen lässt.
„Ed Wood“ 19.8-25.8.; „I Woke up Early the Day I Died“ 26.8.-1.9. im Central 2
Dass man die deutsche Klassik nicht kampflos den Nazis überlassen sollte, befanden 1938 Regisseur Max Ophüls, sein Drehbuchautor Hans Wilhelm und der Produzent ÜSeymour Nebenzal und schlugen aus dem französischen Exil massiv zurück: mit einer Verfilmung von Goethes 'Die Leiden des jungen Werthers' und einem Musikarrangement von Paul Dessau, der dafür unter anderem Themen von Mozart, Beethoven, Haydn und Schubert verwendete. Trotzdem wurde es ein – wohl auch den schlimmen Zeiten geschuldeter – düsterer „Werther“: Für den idealistischen Romantiker ist in der von Eugen Schüfftan in harschen Kontrasten fotografierten Welt schwarzer Schatten einfach kein Platz. Wie andere Autoren und Regisseure von Plenzdorf bis Doillon Goethes Liebesleid- Briefroman bearbeitet und teilweise in die Gegenwart übertragen haben, kann man in der kommenden Woche im Arsenal-Kino erkunden, wo neben Ophüls' „Le roman de Werther“ vier weitere Werther- Filme auf dem Programm stehen.
„Le roman de Werther“ (OF) 26.8.; weitere Werther-Filme bis 30.8. im Arsenal
Lars Penning
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