Der Aushilfsweltmeister

■ Alexander Chalifman gewinnt das Finale der Schach-WM. Nun warten die Gerichte

Berlin (taz) – Fast hätte Deutschland nach 1921, als Rekordchampion Emanuel Lasker die WM-Krone abgab, wieder einen Schach-Weltmeister bekommen. Alexander Chalifman hatte sich 1991 in Frankfurt angesiedelt und wollte für den Deutschen Schachbund (DSB) spielen. Doch familiäre Probleme ließen ihn wieder nach Russland zurückkehren. Seit gestern ist Chalifman der 14. Weltmeister der Schach-Geschichte. In Las Vegas verteidigte er in der fünften und in der vor allem spannenden sechsten Final-Partie mit Unentschieden seine Führung gegen den Armenier Wladimir Akopjan. Der St. Petersburger setzte sich mit 3,5:2,5 durch und gewann 485.000 Dollar Preisgeld.

Sein unterlegener Kontrahent Akopjan durfte sich mit 298.000 Dollar trösten. Eine Summe, die der 27-jährige Weltranglisten-36. bisher in seiner gesamten Karriere noch nicht verdiente. Gleiches gilt für Chalifman, der eigentlich mangels ausreichend vieler Einnahmen sein Profidasein an den Nagel hängen und eine Internet-Schachschule betreiben wollte.

Das K.o.-Turnier des Weltverbandes Fide fand im Caesar's Palace einen würdigen Sieger: Chalifman spielte einige sehr gute Partien und bewies vor allem starke Nerven. Mehrfach stand er in den sieben Runden kurz vor dem Aus, doch stets glich der Weltranglisten-45. wieder aus und setzte sich im Tie-Break durch. Dies war zum Auftakt gegen den Inder Dibiyendu Barua ebenso der Fall wie anschließend gegen den ehemaligen Vizeweltmeister Gata Kamski (USA). Seine Kunst hatte der 33-Jährige schon 1997 bei der ersten K.o.-WM in Groningen (Niederlande) angedeutet, als er nur unglücklich am späteren Finalisten Viswanathan Anand (Indien) gescheitert war. Diesmal mied der Weltranglistenzweite Anand ebenso den Fide-Wettbewerb wie die Nummer eins, Garri Kasparow, und Titelverteidiger Anatoli Karpow. Die beiden Russen reklamieren den WM-Thron weiter für sich, was ihnen angesichts der Weltranglisten-Position 45 von Chalifman leicht fällt. Karpow will sogar gerichtlich ein WM-Match gegen seinen Landsmann erzwingen. Hartmut Metz