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Reisfeld in Noten

■ Etwas zäh: Die indonesische Geigerin Luluk Purwanto gastierte mit Trio im KITO

Das ist ja eine heiße Band, sagt jemand hinter mir: zwei Schwarze und die. Vielen Dank auch. Mit „die“ war eine hierzulande eher unbekannte Geigerin namens Luluk Purwanto gemeint. Sie ist in Indonesien geboren, lebt in den Niederlanden und hat es an diesem Abend ziemlich schwer. Was nicht daran liegt, dass sie ihr Instrument nicht beherrschen würde. Nur kommen ihre swingenden Melodien oftmals recht uninspiriert daher. Schade, denn so vermag sie den Raum, den ihre Begleiter an Piano, Bass und Schlagzeug ihr souverän freispielen, nicht wirklich zu nutzen.

Der Pianist René van Helsdingen beginnt mit einem klassischen, sehr verspielten Solo. Nach und nach mischen sich schwere Akkorde in das lyrische Geplänkel. Bass und Schlagzeug stimmen ein. In der ersten Hälfte setzt vor allem Drummer Donald Dean Akzente. Er bringt immer wieder Unruhe ins Spiel des Quartetts. Und bewahrt es so vor all zu Kitschigem. Ständig rumort es auf den Toms, dazwischen ein krachendes Snare-Stackato. Der zurückhaltende Bassist Henry Franklin sammelt den Ausreißer dann ein und bringt alles wieder zusammen.

Dean und Franklin kommen aus Kalifornien, haben mit Pharoah Sanders und Sonny Rollins gespielt und legen das Quartett weitgehend auf Sixties-Sound fest. Das klingt heutzutage schon klassisch, ist aber ziemlich spannend dargeboten. Und lustig. Der Pianist stellt ein Stück als indonesischen Folksong vor. Und dann legt Dean mit dem Besen derart los, dass man vor lauter Rhythm'n'Blues an alles denkt, nur nicht, wie angekündigt, an südostasiatische Reisfelder. Purwanto versucht, sich immer wieder ins Geschehen hineinzugeigen, was ihr leidlich gelingt. Manchmal zupft sie die Saiten ihres Instruments, das sie dann wie eine Ukulele hält. Meistens jedoch singt sie unisono mit der Melodie, was aber weder ihr noch den Arrangements zugute kommt. Ob ein Klaviertrio allein nicht vielleicht doch ...

Hälfte zwei ist insgesamt etwas freier, was sich auch auf den Sound der Violine auswirkt. Da springt das Quartett zwischen Swing, Improvisation und Rock hin und her, wechselt Tempi und Lautstärke. Helsdingen erzählt noch ein paar Geschichten. Wie die vom Drum'n'Bass, der sich aus dem Jazz entwickelt habe. Es folgt ein Stück, in dem Dean eifrig flinke Breakbeats vorgibt, über die Franklin repetitive Fünftonmuster legt. Darüber einzelne Klaviertöne und ein simples Geigenthema. Das wäre ohne Geschichte wohl noch besser.

Ein Stück heißt „Waiting“. Es handle, so Helsdingen, vom Warten auf den Bus, bei dem einem allerlei durch den Kopf gehe. Mag sein. Vor allem ist Warten ziemlich langweilig. Und es bedurfte einiger Ausdauer, die Zeit zwischen den paar mitreißenden Momenten des Konzerts zu überbrücken. Ein netter Abend, den man aber vergessen hat, sobald der Bus um die Ecke biegt. Tim Schomacker

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