Die Pferdeflüsterer

■ An zwei Abenden präsentiert das New American Music Festival das gute alte C-Wort mit Mainstream, aber auch Allison Moorer

Alle Jahre wieder – meist dann, wenn der heimische Markt die Sättigungsgrenze erreicht hat –, entdeckt die Country-Industrie in Nashville die europäische Kundschaft. Und damit das böse C-Wort nicht potentielle Konsumenten verschreckt, die dabei gleich an reaktionäre Rednecks denken, wird die gute alte Sache als heißes neues Ding verkauft.

So ist denn auch das „New American Music Festival“ mitnichten „das erste seiner Art“, wie der Veranstalter frohlockt. Vor gut 4 Jahren karrte die umsatzstärkste Country-Company MCA ein mit u.a. Marty Stuart und Trisha Yearwood nicht eben schlecht bestücktes Künstler-Paket unter eben diesem Banner durch nicht weniger als 13 Länder. Unvergessen, wie damals Emmylou Harris, die eigens für den Europa-Trip ihre legendäre Hot Band reformiert hatte, ihre Auftritte mit der Spitze einzuleiten pflegte, sie wolle jetzt gern ein bisschen Old American Music spielen ...

Und was bringt das 99er-Paket? Allerhand. Ein Mainstream-Star der Mittelklasse, der sich zuletzt auch mit Aerosmith ins Cross-over-Zeug warf (Mark Chesnutt). Eine kesse Holländerin, die zwar in Nashville landete, mit ihrer kernigen R'B-Stimme aber eher nach Memphis gehört und live mehr kann als ihr Debüt World Of Hurt zuließ (Ilse De Lange). Eine verdiente Songschreiberin, die es mit ihren hübschen Folk-Stücken sogar schon bis zu Jürgen von der Lippe schaffte (Carol Elliott). Einen Top-Musiker mit Bluegrass-Sporen, der bereits mit Anfang 20 in Emmylou Harris' Akustik-Band The Nash Ramblers reüssierte, inzwischen selbst feine Platten macht (Jon Randall).

Tja, und dann wäre da noch Allison Moorer (Foto)Die haben selbst viele Menschen schon gesehen und gehört, die sonst einen großen Bogen um das böse C-Wort machen. Im Pferdeflüsterer durfte der Rotschopf aus Frankville, Alabama, im Bar-Hintergrund „A Soft Place To Fall singen, um die Romanze von Robert Redford und Kristin Scott Thomas voranzubringen. Redford soll höchstpersönlich auf ihr Casting bestanden haben. Für einen Background-Job ist Moorer indes zu schade, wie ihr Debütalbum Alabama Song bewies. „Sie lässt fast alle Sängerinnen in Nashville klingen, als litten sie unter Kurzatmigkeit“, schwärmte stellvertretend der „Austin American Statesman“. Nicht nur das: Mit wissendem Gestus, der ihre Jugend zu konterkarieren scheint, singt die große Nashville-Hoffnung überwiegend selbstverfass-te Songs, die klassisch klingen, ohne altbacken zu wirken. Also doch New American Music?

Jörg Feyer

Marc Chesnutt, Allison Moorer, Carol Elliot: Di, 14. September Jon Randal, Ilse de Lange, Heather Miles: Mi, 15. September, jeweils 19.30 Uhr, Große Freiheit