: Fast 300 Jugendliche auf Jobsuche
■ Bremer Lehrstellen-Aktion bot aber nur wenig begehrte Berufe
Mit einer Last-Minute-Aktion hat das Bremer Arbeitsamt gestern versucht, die letzten rund 320 freien Ausbildungsplätze zu besetzen. Immerhin 267 Jugendliche kamen. Doch zu vermitteln gab es meist nur noch wenig begehrte Berufe mit niedriger Bezahlung und geringen Aufstiegschancen – wie der „Einzelhandelskaufmann“ oder der „Fleischereifachverkäufer“. Der stehe „bei den Jugendlichen nicht gerade hoch im Kurs“, sagt Berufsberater Detlef Stüwe. Zu schlecht sei das Berufsimage.
Die begehrten Ausbildungsberufe wie etwa „Bankkaufmann“ waren dagegen schon vorab vergeben: In Bremen, so meldete am Dienstag das Arbeitsamt, gingen allein 1.345 Jugendliche zum neuen Lehrstellenjahr im August leer aus. Nur magere 15 Ausbildungsplätze zum „Bürokaufmann“ konnten die Berufsberater vom Arbeitsamt bei der gestrigen Last-Minute-Aktion anbieten.
Dabei sagte die 20-jährige Besucherin Elvira K.: „Mich interessiert der Beruf und ich habe mich dafür entschieden.“ Sie hat bislang rund 80 Bewerbungen verschickt und nur Absagen bekommen. „Zwischen 20 und 40 Bewerbungen haben die meisten hier hinter sich“, sagt Berufsberaterin Petra Vollborn. „Bei beliebten Berufen können sich die Betriebe einfach die aussuchen, die am besten qualifiziert sind.“
Acht Adressen haben die Berufsberater für Elvira K. ausgedruckt, bei denen sie sich nun als Bürokauffrau bewerben kann. Aber bei der Bundeswehr, die auch einen Vertreter geschickt hatte, hatte die 20-Jährige von Anfang an keine Chance: Die Bundeswehr bot allein 32 Ausbildungsstellen zum Bürokaufmann an. Doch „Bürokaufmann“ war wörtlich zu verstehen: nur männliche Bewerber, die sich für vier Jahre als Zeitsoldaten verpflichteten, dürfen sich auch bewerben.
Jetzt bleibt der 20-jährigen nur eine erneute Bewerbungsrunde. Doch schon jetzt weiß sie: „Es gibt einfach zu viele Bewerber“ und denkt deshalb schon über Alternativen nach: Wenn es mit einer Lehrstelle nicht klappt, „dann belege ich eben einen „Grundausbildungslehrgang“.
Diese Qualifizierungsmaßnahme vom Arbeitsamt hat der 20-jährige Timur C. schon hinter sich: ein Jahr lang Praktika im Baubereich, Bewerbungstraining, Weiterbildung. „Ich habe mehr als hundert Bewerbungen losgeschickt, und meine Hoffnungen werden immer kleiner“, sagt Timur. Dass die Last-Minute-Aktion für ihn erfolgreich sein wird, bezweifelt er. eck
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