: „Keine Fachidioten“
■ Das Wettbewerbsfest der Hamburger Schüler-Olympioniken
„Da kommt ja einer unserer Stars“: Lehrer Klaus Sielaff winkt in die Menge. Mit einem gefälligen Lächeln naht er – Duy-Nam Le. Wie, noch nie gehört? Der Neunt-kläßler vom Emilie-Wüstenfeld-Gymnasium in Eimsbüttel ist dieses Jahr nur knapp am Olympiasieg vorbeigeschrammt. Gestern wurde der Vietnamese im Audimax der Uni Hamburg zusammen mit vielen anderen Schulwettbewerbssiegern für seinen zweiten Platz bei der Mathematik-Olympiade ausgezeichnet.
Die Veranstaltung ist nicht bloß Siegerehrung, sie darf sich Wettbewerbsfest nennen: Unzählige Jugendliche wuseln durch Schachturniere, Computerspiele, Krabbelkisten und Kuchenbüffets. Irgendwo erschallt eine Trompete, und auch der „Liederwettbewerb der Polizeiverkehrslehrer“ hat einen verdienten Stand.
Am Ende schütteln die herausragenden Hamburger Russisch-OlympionikInnen, SpezialistInnen für Plattdeutsch oder Europa, die Hand von Schulsenatorin Rosemarie Raab und nehmen neben einer Urkunde den etwas unkonzentrierten, aber warmen Beifall der anderen SchulbankaktivistInnen entgegen.
So auch Duy-Nam. „Wir gelten immer noch als Streber“, verteidigt er seine meist mit Vorurteilen behaftete Zunft und wehrt sich zugleich: „Wir sind aber keine Fachidioten.“ In Schülerzirkeln nämlich, die Klaus Sielaff, Mathelehrer im Ruhestand, seit 15 Jahren organisiert, sollen Jungmathematiker ihre Exoten-Rolle ablegen können. „In der Schule werden die immer nur als Informationsgeber angegangen.“ Da entwickle sich dann ein eigentümliches Selbstverständnis.
Den Eindruck von Engstirnigkeit macht auch Duy-Nams Fach-Kollege Jan Wehrheim nicht: Der 19jährige ist im Februar schon zum zweiten Mal beim abschließenden Kolloquium des Bundeswettbewerbs Mathematik dabei. Dessen Belohnungsmodus hat er aber zu bemängeln: Für den ersten Preis der ersten Runde bekomme der Tüftler nichts, seine Schule aber 500 Mark. „Es ist aber schon ein kleiner Sport daraus geworden, noch einen kleinen Fehler einzubauen.“ Denn für Platz zwei sackt auch die Schule nichts ein.
Stefan Kreft
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