: Freiheit mit Grenzen
■ Alle „radikal-Beschuldigten“ sind auf freiem Fuß, sollen aber angeklagt werden
„Am dringenden Tatverdacht hat sich nichts geändert“, versucht Rolf Hannich, Sprecher des Bundesgerichtshofes, den Eindruck zu korrigieren, die Ermittler seien auf der falschen Spur gewesen. Die überraschende Haftverschonung für die vier angeblichen Mitarbeiter der verbotenen Linksaußen-Zeitschrift „radikal“ begründe sich vor allem mit der „Verhältnismäßigkeit der Mittel“.
Seit gestern sind alle vier Inhaftierten wieder auf freiem Fuß. Der Lübecker Andreas Ehresmann wurde bereits am Dienstag um 17 Uhr nach Niederlegung einer Kaution von 20.000 Mark aus der Justizvollzugsanstalt entlassen, der Rendsburger Ralf Milbrandt befindet sich seit gestern morgen um halb elf Uhr wieder außerhalb der Gefängnismauern. Ehresmann und Milbrandt, wie auch den anderen beiden freigelassenen „radikal-Beschuldigten“, wurden jedoch nicht nur die Ausweise abgenommen, sie müssen sich zudem drei Mal pro Woche bei der Polizei melden und dürfen untereinander keinen Kontakt aufnehmen. Ihre Anwältinnen fordern nun, die Haftbefehle ganz aufzuheben. Die Ermittlungen hätten „keine Erhärtung des dringenden Tatverdachts gebracht“.
Die Bundesanwaltschaft geht hingegen weiterhin davon aus, „daß es zur Anklageerhebung“ gegen die vier Beschuldigten „kommen wird“. Nur der Zeitpunkt stehe noch nicht fest. Rolf Hannich: „Die Ermittlungen laufen noch“.
Auch die Ermittlungen gegen andere Personen und Polit-Organisationen, gegen die sich die bundesweite Großrazzia gegen Linksextremisten gerichtet hatte, sind nach Hannichs Angaben „noch nicht abgeschlossen“. Bei dieser Razzia am 13. Juni waren auch die vier nun Freigelassenen festgenommen worden. Doch auch hier scheinen die Fahnder nichts in der Hand zu haben. Obwohl einige der Durchsuchten immerhin beschuldigt wurden, als Terroristen, Attentäter und Bombenleger aktiv gewesen zu sein, wurde keiner von ihnen in Haft genommen geschweige denn angeklagt. Marco Carini
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