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Werder – FCK: Samba im Weserstadion

Erlebnisse eines Pfälzers beim Untergang derselbigen an der halbheimischen Weser  ■ von Ex-Umweltsenator Ralf Fücks

Werder – 1.FCK 5:0. Welcher Zwiespalt im Herzen eines geborenen Pfälzers, aufgewachsen im Magnetfeld des Betzenbergs und des Fritz-Walter-Mythos, von der Klassenjustiz aus dem schwarzen Baden-Württemberg in den Freistaat Bremen getrieben und in den langen Jahren der Ottokratie zum fußballerischen Lokalpatrioten mutiert. Ist da doch immer noch ein sentimentales Eckchen im Gemüt, das samstäglich nach den Ergebnissen des FCK schielt und sich freut, wenn es der kämpferische Provinz-David wieder einmal den Goliaths aus den Geld-Metropolen gezeigt hat.

Erinnert sich im hohen Norden überhaupt noch jemand an die goldenen Zeiten des Südwest-Fußballs, als auch der FK Pirmasens, Borussia Neunkirchen und der 1. FC Saarbrücken in der Endrunde der Deutschen Meisterschaft Furore machten? Nur der FCK hat die Flurbereinigung überstanden, die mit dem Siegeszug des Profi-Fußballs einsetzte und die Finanzkraft der Vereine zum spielentscheidenden Faktor machte. Welches Entsetzen, als auch die Roten Teufel dem Abstieg anheim fielen – und welcher Triumph, als sie mit dem Rehabilitanten Rehagel zum Sturmlauf aus den Tiefen der 2. Liga zum Bundesliga-Gipfel ansetzten: da war sie wieder, die alte Mischung aus Leidenschaft, Offensivgeist und trotzigem Siegeswillen, mit dem schon verloren geglaubte Spiele aus dem Feuer gerissen wurden.

Nichts von alledem an diesem schaurig schönen Sonntagabend im Weserstadion. Teuflisch gut spielte allein Werder, Mitleid erregend der FCK. Der richtige Aufbaugegner zur richtigen Zeit nach einem missratenen Saisonstart der Bremer. Das Debakel zeichnete sich schon von der ersten Minute ab, als Werder das Spiel an sich riss, während die Lauterer wie die sprichwörtlichen Kaninchen wirkten. Als Hristov nach einer Viertelstunde in einem Anfall geistiger Umnachtung Eilts in die Knochen grätschte und dafür vom Feld gewiesen wurde, nutzten die Bremer umgehend die Konfusion der Gäste: nach feiner Vorarbeit von Bogdanovic köpfte Peru-Import Pizarro, der eine rauschende Premiere im Weserstadion feierte, schulmäßig in den Winkel. Beim 2:0 lieferte er die Vorlage für Bode, das 3:0 erzielte Bogdanovic gleich zu Beginn der 2. Halbzeit in aller Seelenruhe selbst – danach fiel der FCK endgültig auseinander. Werder hatte es nur noch mit einem demoralisierten Haufen zu tun. Kaiserslautern wurde vorgeführt bis zur Lächerlichkeit, Bremen steigerte sich in einen Spielrausch. Die Bremer Multi-Kulti-Kombo kombinierte und trickste, dass es eine wahre Freude war. Nur das sentimentale Pfälzer Herz weinte leise.

War Werder so gut oder der FCK so schlecht? Beides. Bei Werder gab es an diesem Tag mindestens ein halbes Dutzend Spieler, die einen Klassenunterschied markierten. Die Abwehr hatte durch den früheren Nürnberger Baumann entscheidend an Stabilität gewonnen, und als Libero gab der große alte Mann Julio Cesar ein beeindruckendes Debut. Verhalten in der Offensive, aber von raumbeherrschender Präsenz in der Abwehr, technisch perfekt und zugleich von Respekt einflößender Robustheit, verbreitete er Sicherheit in den eigenen und Mutlosigkeit in den gegnerischen Reihen. Auf der rechten Außenbahn glänzte „Raschi“ Tjikuzu, als B-Jugendlicher aus Namibia nach Bremen gekommen, mit rasanten Flankenläufen und kessen Dribblings. Im defensiven Mittelfeld spielte Eilts in Europameister-Form, und im Sturm bildeten Bodganovic und Pizarro ein infernalisches Duo: zwei technisch versierte, spielstarke, kombinationsfreudige Vollblutstürmer, die Kaiserslauterns morsche Abwehr von einer Panik in die nächste stürzten. Samba-Fußball im Weserstadion. Einziges Manko an diesem brasilianischen Abend: das leider vorhandene Missverhältnis zwischen herausgespielten und verwerteten Chancen.

Der FCK dagegen bot nur Angsthasenfußball. Das Elend begann schon mit der Aufstellung. Sforza wegen Majestätsbeleidigung in Ungnade gefallen, Weltmeister Djorkaeff als zweiter Mittelfeld-Stratege nur auf der Bank, ebenso Reich und Ratinho – im Gegensatz zu Thomas Schaaf hatte Rehagel eine phantasie- und kopflose Defensivbrigade aufs Feld geschickt. Es sieht so aus, als sei er das Zentrum der Verunsicherung.

Ralf Fücks

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