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Vogel wird zum Eichel – er droht mit Sparprogramm

■ Thüringens glanzvoller Wahlsieger Berhard Vogel (CDU) will nun das tun, was schon auf Bundesebene für nichts als Ärger sorgt: Sparen. Die Pläne liegen schon in der Schublade

Harte Einschnitte sind vor allem im Kultur- und Wissenschaftsministerium sowie im Sozialressort vorgesehen.

Bis spät in die frühen Morgenstunden ging es gestern überschwänglich zu im Erfurter Parkcafé Hopfenberg. Während dort die CDU-Anhängerschaft ausgelassen ihren Wahlsieg feierte, erklärte der Star des Abends, der alte und neue Ministerpräsident Bernhard Vogel, vor den Kameras grob die neue Politik Thüringens. Das Ziel der kommenden Legislaturperiode lautet: „Sparen“.

In erster Linie konzentrierte sich Vogel in seinen Ausführungen natürlich auf das Sparpaket, das die Bundesregierung geschnürt hat. Vogel sagte, er sei – jetzt, wo nichts mehr gegen die CDU im Bundesrat entschieden werden könne – zu Gesprächen mit Finanzminister Hans Eichel (SPD) bereit. „Es kommt aber darauf an, ob Ostdeutschland nicht gegenüber den alten Bundesländern benachteiligt wird.“

Das klingt ganz danach, als wolle Vogel die Technik übernehmen, die der sachsen-anhaltinische Ministerpräsident Reinhard Höppner zu Kohl-Zeiten anzuwenden pflegte: „Schuld ist der Bund.“

In der ganzen Euphorie, die sich auf der CDU-Wahlparty breitmachte, ging ein bisschen unter, dass Vogel auch ein Kapitel Thüringen in die Kameras dozierte. „Wir müssen jetzt die Staatsverschuldung abbauen. Das geht nicht von heute auf morgen. Das geht nur jedes Jahr ein bisschen.“

Den Gürtel enger schnallen heißt es nun also. Zwar bewegt sich Thüringens Pro-Kopf-Verschuldung im Bundesdurchschnitt. Legt man das Bruttoinlandsprodukt aber auf die Einwohner um, liegt der Freistaat fast 50 Prozent unter dem Schnitt. Selbst in Ostdeutschland – bei vielen anderen Wirtschaftsdaten hier Klassenprimus – drückt der Freistaat den Durchschnitt deutlich.

„Erst einmal feiern“, hieß es im Parkcafé Hopfenberg, denn „das haben wir uns verdient“. Und: „Nein, übers Sparen haben wir uns jetzt noch keine Gedanken gemacht.“ Müssen sich die CDUler auch nicht. Ihr Finanzminister Andreas Trautvetter hat die Sparpläne längst in der Schublade. Durch eine Indiskretion wurden vergangene Woche einige Eckpunkte bekannt, die der Minister indirekt bestätigte. Harte Einschnitte sind vor allem im Kultur- und Wissenschaftsministerium sowie im Sozialressort vorgesehen.

„Egal wer das Ressort übernimmt, er muss ein starkes Kreuz für die Kultur haben“, hatte nach Bekanntwerden der SPD-Kultur- und Wissenschaftsminister Gerd Schuchardt gesagt.

Geht es nach Vogel, übernimmt Dagmar Schipanski das Amt. Die Ex-Präsidentschaftskandidatin ist eine international renommierte Expertin für Halbleiterelektronik. Auch auf verwaltungstechnische Erfahrungen in Wissenschaft und Forschung kann Schipanski zurückgreifen. Sie sitzt in Kuratorien verschiedener Universitäten, leitet die „Weltkommission zur Ethik in Wissenschaft und Technologie“, war Uni-Präsidentin in Ilmenau und wurde 1996 als erste Frau Vorsitzende des Wissenschaftsrates. Schwer vorstellbar, dass sie den Rotstift eher bei der Wissenschaft als bei der Kultur ansetzt.

„Ich werde die neue Regierungsmannschaft im Oktober vorstellen“, kündigte Vogel auf der Wahlparty seinen Anhängern an, die ihn immer wieder mit „Bernhard, Bernhard“-Rufen unterbrachen. Im Angebot sind weitere SPD-Hinterlassenschaften: Neben dem Innenressort sind auch die Stellen „Justizminister“ und „Sozialminister“ vakant. Letztere ist für eine reserviert, die im Kabinett Kohl als „Alibi-Ossi“ verspottet wurde: Claudia Nolte, Ex-Bundesministerin für Familie, Senioren, Frauen und Jugend. Vogel hatte bereits lange vor der Wahl erklärt, dass eine junge Frau in das Kabinett eines vergleichsweise alten Regierungschefs ganz gut passe. Ob ihrer bundespolitischen Erfahrung hätte Nolte auch als Ministerin für Europa- und Bundesangelegenheiten Chancen.

Dem letzten Kapitel der groben thüringischen Politikgrundzüge für die nächsten fünf Jahre gab Vogels die Überschrift „Vogel“. Auf jeden Fall werde er bis zum Ende der Legislatur arbeiten, sagte der 66-Jähre, zumal jetzt, „wo dieses Ergebnis für mich ein zusätzlicher Ansporn ist“. Was er nicht sagte: Die Suche nach einem Nachfolger ist in Thüringen ähnlich kompliziert wie in Sachsen; alle potenziellen Kronprinzen nicht unumstritten. Das konnte Vogel aber überhaupt nicht beunruhigen. Vielleicht denkt er: Schipanski, hilf! Nick Reimer, Erfurt

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