: Massaker belasten gute Beziehungen nicht
betr.: Berichterstattung über Osttimor/Leserbrief „Wunschtraum unserer Gesinnungspazifisten“, taz vom 16. 9. 99
Suhartos Putsch 1965 gegen Sukarno kostete etwa 500.000 Regimegegner das Leben. Die guten Beziehungen zu den USA belasteten diese unrühmlichen Zustände nicht.
Auch die völkerrechtswidrige Besetzung Osttimors durch indonesische Milizen nach der Unabhängigkeit 1975, der etwa 80.000 Timoresen zum Opfer fielen, bewirkte keine diplomatische Krise mit Indonesien. Der damalige Bundeskanzler Helmut Kohl nannte Suharto 1993 einen „guten Freund“, 1996 schloss die deutsche Wirtschaft Milliardenaufträge mit Indonesien, die Verletzung der Menschenrechte in Osttimor und gegenüber der eigenen Bevölkerung spielten dabei keine Rolle. Auch beim Besuch Suhartos in Niedersachsen 1995 waren für den damaligen Ministerpräsidenten Schröder Menschenrechte kein Thema.
Obwohl auch unter dem jetzigen Staatschef Indonesiens, Habibie, die Macht tatsächlich beim Militär liegt, rühmte ihn Baden-Württembergs Ministerpräsident Erwin Teufel als „verlässlichen Freund“. Kein Wunder, stammen doch Teile der Bewaffnung der indonesischen Armee aus Deutschland – Heckler & Koch-Gewehre, Hubschrauber von MBB und Fregatten der Nationalen Volksarmee. Auch die indonesische Polizei wird mit deutscher Unterstützung ausgebildet.
Die Massaker der indonesischen Milizen auf Osttimor, die von der Armee geduldet wurden, wurden auch möglich als Resultat der freundschaftlichen militärischen Beziehungen des Westens zu Suharto und Habibie. Eine von der UNO gestützte Schutztruppe kommt leider zu spät. Christian Schauer, Alzenau
Sven Hansen unterschätzt die „nationalistische Haltung der führenden demokratischen Politiker Megawati, Abdulrahman Wahid und Amien Rais. Es ist mit Sicherheit nicht nur ein Taktieren mit den Stimmen der Generäle in der Beratenden Volksversammlung für die Präsidentschaftswahl, sondern leider eine in Indonesien – insbesondere auf Java – sehr weit verbreitete nationalistische Haltung, nicht nur unter der einfachen Bevölkerung, sondern auch unter großen Teilen der sogenannten Intelligenz, egal ob links oder rechts. Die Unabhängigkeit Osttimors war und ist für sie ein Randproblem.
Man darf nicht vergessen, dass Indonesien, wie viele heutige Nationalstaaten, eine künstliche territoriale Konstruktion, begründet auf der kolonialen Aufteilung durch die europäischen imperialistischen Mächte, ist. Eine nationale, indonesische Identität ist vor allen in Abgrenzung gegen die Kolonialherren enstanden. Sie will die verschiedenen ethnischen Volksgruppen mit sehr unterschiedlichem kulturellem Hintergrund unter einen Hut bringen. Dabei stand seit der Unabhängigkeit mit der überaus starken Position des Militärs immer die staatliche Einheit im Vordergrund.
In Indonesien ist ein politischer Umwandlungsprozess ins Rollen gekommen, der in den nächsten Jahren noch einige brutale und blutige Folgen in den Problemregionen wie Aceh, Westirian, Ambon und Kalimantan haben wird. Und er wird die Nachbarstaaten nicht unverschont lassen. Peter Franke, Bochum
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