: Bischöfe ohne Rezept für Schein
■ Bischofskonferenz bis zuletzt uneinig über vom Papst verordneten Ausstieg aus der Schwangerenberatung. Öffentlicher Druck abgewiesen. Mixa beklagt „Kultur des Todes“
Fulda (dpa) – Der schwere innerkirchliche Streit um die Schwangerenkonfliktberatung hat auch den letzten Tag der Vollversammlung der Deutschen Bischofskonferenz (DBK) in Fulda beherrscht. Auch gestern Nachmittag war dem Vernehmen nach noch kein formeller Beschluss zum sofortigen Ausstieg aus dem staatlichen Beratungssystem gefallen. Erwartet wird, dass die DBK den Papst um eine weitere Bedenkzeit bittet. Bei einem Besuch in Rom Mitte November könnten die Bischöfe ihre Bedenken noch einmal persönlich dem Papst vortragen. Die Ergebnisse der viertägigen Vollversammlung will der DBK-Vorsitzende Karl Lehmann heute bekannt geben.
Beim Abschlussgottesdienst gestern Abend prangerte der Bischof von Eichstätt, Walter Mixa, eine „Kultur des Todes“ bei der Beurteilung der Abtreibungen in Deutschland an. „Mit einer in sich unbegründeten Selbstverständlichkeit wird das sogenannte Selbstbestimmungsrecht der Frau und auch des Mannes über das Leben eines zu erwartenden Kindes gestellt“, kritisierte Mixa laut vorab verbreitetem Predigtmanuskript. Anders als die Gesellschaft sei die Kirche allerdings „im Wesentlichen ihres Glaubens niemals von der ursprünglichen Wahrheit abgewichen“. Mixa wird zum konservativen Flügel gezählt. Mit dem drohenden Ausstieg der Kirche hat sich diese Gruppe gegen die Mehrheit der Bischöfe durchgesetzt. Mit Blick auf die Öffentlichkeit fragte der Berliner Kardinal Georg Sterzinsky bei seiner Morgenpredigt: „Müssen wir uns von außen sagen lassen, was wir zu tun und zu lassen haben?“ Die Kirche müsse frei sein in der Bestimmung ihrer eigenen Aufgaben und Ziele.
Mit einer Mahnwache protestierte die reformkatholische Kirchenvolksbewegung „Wir sind Kirche“ gegen den vom Papst angeordneten Ausstieg. „Die Empörung im Kirchenvolk ist groß“, sagte der Sprecher der Bewegung, Christian Weisner. Das Zentralkomitee der deutschen Katholiken will an diesem Freitag in Fulda die Gründung einer Stiftung für eine von Laien getragene Konfliktberatung bekannt geben.
Der Tübinger Theologe Hans Küng hält das Vorhaben für undurchführbar. Im Hessischen Rundfunk bezweifelte er, dass der Staat die Beratung von Schwangeren durch katholische Laien unterstützen werde.
Zudem stelle sich die Frage, „ob Katholiken bereit sind, nachdem sie schon zu viel Kirchensteuer bezahlen, da auch noch Millionen aufzuwenden“.
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