: Angolas Regierungstruppen auf dem Vormarsch
■ Die Regierung von Präsident Eduardo dos Santos bedroht die Hochburgen der Unita
Johannesburg (taz) – Im Bürgerkrieg in Angola haben Regierungstruppen offenbar tatsächlich die seit langem angekündigte Großoffensive gegen die Unita-Rebellen von Jonas Savimbi gestartet. Dabei stehen Regierungstruppen angeblich nicht nur vor den seit Monaten von der Unita belagerten Städten Huambo, Kuito und Malange, sondern sind auch in das Gebiet rund um Bailundo eingedrungen, der traditionellen Unita-Hochburg.
Wegen der von der Regierung verhängten strikten Nachrichtensperre ist es außerordentlich schwierig, die Fakten zu erhärten. Nach Angaben von westlichen Diplomaten in der Hauptstadt Luanda finden jedoch in und um Bailundo tatsächlich seit dem Wochenende heftige Kämpfe statt, in denen es bereits hunderte von Toten gegeben haben soll. Auch Richard Cornwell, Afrika-Experte am Institute for Security Studies (ISS) im südafrikanischen Pretoria, bestätigte diese Angaben. „Nach unseren Informationen stehen Regierungstruppen nur wenige Kilometer außerhalb von Bailundo“, sagte er gegenüber der taz.
Die angolanische Regierung hat sich bislang nicht offiziell zu den Gerüchten geäußert. General Carlos Henriques räumte am Montag allerdings ein, dass Armeechef João de Matos sich derzeit im Landesinneren aufhalte und sich nach seiner Rückkehr nach Luanda äußern würde.
Auch ein Unita-Sprecher bestritt am Montag abend in einem BBC-Interview nicht, dass Kämpfe stattfinden, sprach allerdings von einem „Desaster für die Bevölkerung“, nicht etwa für die Unita. Schon Mitte September hatte die Rebellenorganisation in einer offiziellen Erklärung eingeräumt, dass Regierungstruppen auf dem Vormarsch seien. Eine ähnliche Offensive der Regierungstruppen Ende vergangenen Jahres war allerdings komplett gescheitert. Bailundo, ein winziges Nest im Hochland von Angola, etwa 500 Kilometer südöstlich von Luanda, sowie das etwa hundert Kilometer davon entfernte Andulo gelten seit Jahren als die wichtigsten Rückzugsorte der Unita.
Zwar hält sich Rebellenchef Savimbi dort kaum noch auf. Sollten die beiden Städte jedoch tatsächlich eingenommen werden, wäre das eine entscheidende psychologische Wendung in dem bislang für Präsident Eduardo dos Santos aussichtslos erscheinenden Krieg. „Sollte Savimbi Bailundo und Andulo verlieren, wäre es sehr schwierig, sie zurückzuerobern“, glaubt auch Cornwell.
Beide Städte sind für Savimbi auch strategisch wichtig, um die Belagerung der drei Provinzhauptstädte Malange, Huambo und Kuito fortzusetzen. Nach Angaben von Mitarbeitern von Hilfsorganisationen ist das Flüchtlingselend dort unbeschreiblich. Allein nach Kuito, das schon seit Beginn der 90er-Jahre fast vollkommen zerstört ist, haben sich in der letzten Woche erneut mehr als 30.000 Menschen geflüchtet. Nach Schilderung von Mitarbeitern der Hilfswerke sind viele von ihnen so entkräftet, dass sie kaum noch laufen können. „Wir kochen rund um die Uhr, um die Flüchtlinge zu füttern“, sagt eine Mitarbeiterin des Welternährungsprogramms der UNO. Kordula Doerfler
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