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„Es gibt noch viel zu tun“

Vater einer kleinen Tochter droht Abschiebung an die Elfenbeinküste, weil ihm Visum fehlt – das er beim Einreisen nicht brauchte  ■ Von Kai von Appen

Es gibt viele Gesetze, aber nicht immer müssen sie miteinander im Einklang stehen. Das bekommt gerade Renate Götze, Juristin bei der Gewerkschaft Handel, Banken und Versicherungen, zu spüren. Ihr afrikanischer Lebensgefährte Benogo Liarra, mit dem sie in eheähnlicher Gemeinschaft lebt und eine zweijährige Tochter hat, soll abgeschoben werden, weil er vor sieben Jahren ohne Visum aus der Elfenbeinküste nach Deutschland einreiste. Einen Antrag ihres Anwalts Ulrich Wittmann auf Abschiebestopp lehnte gestern das Oberverwaltungsgericht ab, nun hat der Petitionsausschuss der Bürgerschaft das letzte Wort.

Renate Götze ist seit 1996 mit Benogo Liarra fest liiert. Sie lebte zwar damals bereits von ihrem Ehemann getrennt, war aber noch nicht geschieden, als 1997 Töchterchen Kiya zur Welt kam. „Wir setzten uns sofort mit dem Jugendamt in Verbindung, damit Benogo die Vaterschaft anerkennen konnte,“ so Götze. Doch da Kiya zwei Tage nach der Scheidung zur Welt kam, war nach altem „Kindschaftsrecht“ der Ex-Mann der rechtliche Vater. Mit Hilfe des Jugendamtes focht Renate Götze im Rahmen eines „Vaterschafts-Anfechtungsverfahren“ dies erfolgreich an, so dass sie sich mit Benogo Liarra seit 1998 gemeinsam das Sorgerrecht für die Zweijährige teilt.

Die geplante Trauung scheiterte bislang daran, da Liarra kein Visum vorweisen kann, was er damals bei seiner Einreise auch gar nicht benötigte. Dieses Visum soll er sich nun nach Auffassung der Ausländerbehörde während einer Visite in Afrika verschaffen. Denn das verlangt das Ausländerrecht. „Wir können nun einmal keinen Aufenthaltsanspruch im Inland erteilen“, so der Sprecher der Ausländerbehörde, Norbert Smekal. Doch eine derartige Prozedur in Afrika kann mehr als ein Jahr dauern. Da Renate Götze aufgrund ihres Jobs oft Abendtermine wahrnehmen muss, wäre Kiya auf Fremdpflege angewiesen. Götze: „Wir haben eine Fremdbetreuung bisher vermieden, da Kiya dies nicht ohne weiteres toleriert.“

Nach Verhandlungen hinter den Kulissen hat sich am gestrigen Abend die Lage ein wenig entspannt. „Es kann nicht angegehen, dass ein zweijähriges Kind zwölf Monate von seinem Vater getrennt wird,“ so Mahmut Erdem, Grünen-Sprecher im Petitionsausschuss. Es müssten Wege gesucht werden, dem Vater den Aufenthalt zu ermöglichen.

Der Chef der Hamburger Ausländerbehörde, Ralph Bornhöft, sagte gegenüber der taz, dass es am Montag „nicht zur Abschiebung kommen wird“, da die Petition an die Bürgerschaft „aufschiebende Wirkung“ habe. „Für das Wochenende gibt es erstmal Entwarnung“, atmet der Ausländerbeauftragte Rainer Albrecht auf, „es gibt aber noch viel zu tun“.

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