: Armut kommt nicht von den Armen
betr.: „Die sechste Milliarde“, taz vom 23. 9. 99
Ganz im apokalyptischen Duktus der Deutschen Stiftung Weltbevölkerung (DSW) berichtet die taz über die „dramatische“ Entwicklung des Bevölkerungswachstums. Fluten, Explosion und Zeitbombe. Wie Karnickel vermehren sich in diesen Szenarien freilich nur die Menschen in den Ländern des Südens.
Euer Artikel reproduziert die biologistische und letztendlich rassistische Argumentation der DSW: Armut kommt von den vielen Armen, Hunger von zu vielen Essern, Kriege von den Völkern ohne Raum. Die Abholzung der Tropenwälder wird ebenso wie der Zugang zu Ressourcen oder das globale Klima kurzerhand zu einem Problem der Überbevölkerung deklariert.
Die ungleiche Verteilung der Güter spielt in dieser Logik ebensowenig eine Rolle wie der Ressourcenbedarf der Industrieländer. So ist z. B. der Pro-Kopf-Verbrauch von Holz in den westlichen Ländern 15-mal so hoch wie in den so genannten Entwicklungsländern. Soziale, politische oder auch ökologische Ursachen von Krisen und Konflikten werden umgedeutet zu der demographischen und somit technisch lösbaren Frage der Bevölkerungskontrolle. Dass überdies gerade die Bevölkerungspolitik mit ihren menschenrechtsverletzenden Maßnahmen in Verruf geraten ist, scheint vergessen. Monika Hoffmann
iz3w - (blätter des informationszentrum dritte welt), Freiburg
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