piwik no script img

Unterm Strich

Günter Grass hätte den Literatur-Nobelpreis gern mit der ostdeutschen Schriftstellerin Christa Wolf geteilt. Denn eine Leistung der beiden deutschen Literaturen habe darin bestanden, „dass es nicht zu einer endgültigen Teilung kommen konnte“, sagte der 71-Jährige in einem Interview mit dem Nachrichtenmagazin Focus. „Ich bin immer von einer gesamtdeutschen Literatur ausgegangen. Deshalb kam mir der Gedanke, den Preis zu teilen.“

Nach Ansicht des Literaturkritikers Marcel Reich-Ranicki ist jedoch Grass allein „von den lebenden Autoren hier zu Lande nobelpreiswürdig – leider“. Grass habe den Nobelpreis „unbedingt“ verdient, sagte der Kritiker dem Nachichtenmagazin Der Spiegel. „Stellen Sie sich vor: Martin Walser wäre der Preis zugefallen, das wäre ein schwerer Schlag für mich. Oder gar dem dümmlichen Peter Handke! Eine Katastrophe. In Stockholm ist allerlei möglich. Grass – immerhin!“

Gegen den Protest von New Yorks Bürgermeister Rudolph Giuliani und Vertretern der katholischen Kirche ist die umstrittene Ausstellung „Sensations“ in New York eröffnet worden. Giuliani will dem „Brooklyn Museum of Art“ künftig die sieben Millionen Dollar an Zuschüssen streichen. Das Museum rief ein Bundesgericht an, um feststellen zu lassen, ob mit dem Versuch der Zensur die in der Verfassung garantierte Meinungs- und Kunstfreiheit verletzt wird. Unter die ersten Besucher mischten sich am Samstag einige Demonstranten der konservativen Katholischen Liga und verschiedener Tierschutzorganisationen. Andere erinnerten den Bürgermeister auf Plakaten, dass auch sie Steuerzahler seien und darauf beharrten, provokative Kunst zu sehen.

Die Verlängerung des Vertrages von Daniel Barenboim als Chefdirigent des Chicago Symphony Orchestra bis zum Jahr 2006 hat in Berlin Verunsicherung ausgelöst. Der Dirigent wurde mit den Worten zitiert: „Diesem Orchester gilt meine ganze Liebe, und ich freue mich, meine Arbeit mit ihm fortzusetzen und aufregende neue Projekte in Chicago in die Tat umzusetzen.“ Barenboim ist gleichzeitig künstlerischer Leiter der Berliner Staatsoper Unter den Linden. Über eine Verlängerung seines bis zum Jahr 2002 laufenden Vertrages muss noch in diesem Jahr entschieden werden.

Wie aus der Berliner Kulturverwaltung am Wochenende zu hören war, sollen im November mit Barenboim Gespräche geführt werden, nachdem er bereits im Sommer um eine entsprechende Verschiebung gebeten habe. Im Juni war Barenboim einer der beiden Favoriten für die Nachfolge von Claudio Abbado als Chefdirigent der Berliner Philharmoniker ab 2002, die sich dann jedoch für Simon Rattle entschieden.

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen