: FAZ-Mag: Es brodert
(76) Henryk Mittelinitial Broder langweilte sich. Neben ihm saß Wolf Biermann und sang und sang. Früher hatte Broder erfreulichere Bekannte gehabt als die grölende Zonenrobbe. Andererseits war Biermann kleiner als er, und so einen musste man erst mal finden. Als ihn Bärbel Bohley einen Biermann ohne Klampfe nannte und das auch noch freundlich meinte, ging Broder an seinen Schreibtisch. Ah, Mathias Wedel hatte etwas veröffentlicht. Den konnte er im Spiegel als IM hinhängen. Davon, dass er Wedels Buch „Einheitsfrust“ auf vielen Spiegel-Seiten frenetisch gefeiert hatte, schrieb Broder lieber nichts, und dass er im Spiegel einen Gegenartikel zu seiner Hymne auf Wedel verfasst hatte, ohne diese Hymne überhaupt zu erwähnen, verschwieg Broder ebenfalls. Das war peinlich, das saß tief. Aber zum Glück gab es ja das gute alte Verdrängen. Einfach so tun, als ob nichts gewesen wäre. Henryk Broder war ein guter Deutscher, in Heucheln und Vertuschen hatte er eine Eins.
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