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betr.: „Weniger Atomstrom in der Hauptstadt“, „Vier Leute, das muss reichen“, taz vom 5. 10. 99
Weniger Atomstrom in der Hauptstadt? Weniger als was? Weniger als früher? Weniger als heute? Diese Frage erübrigt sich, denn früher und heute gab und gibt es keinen Atomstrom in Berlin. Mit vielleicht einer kleinen Ausnahme: Das Abgeordnetenhaus von Berlin besitzt seit April 99 einen Vertrag mit der EnBW (Energie Baden-Württemberg). Der Strom der EnBW besteht zu 60 Prozent aus Atomstrom. Die Bewag weigert sich, diesen Strom durchzuleiten. Somit bezieht das Abgeordnetenhaus weiterhin Bewag-Strom, besitzt aber einen Vertrag mit der EnBW und bezahlt EnBW-Preise (Atomstrom-Preise), die etwa bei der Hälfte des Bewag-Preises liegen. Alles das geht aus Ihrem Artikel nicht hervor. Stattdessen ist zu lesen, dass das Abgeordnetenhaus „eine Initiative zur Bevorzugung grünen Stroms beschlossen“ hat. Schönen Dank! Sollen mal wieder die großen Reden die unsauberen Taten vertuschen? Ich glaube nämlich nicht an einen plötzlichen Sinneswandel des Abgeordnetenhauses und die Absicht, den Vertrag mit der EnBW in naher Zukunft zu kündigen. Eine lückenhafte Berichterstattung! Bella Hemke, Berlin
Angesichts der Konkurrenz auf dem Strommarkt Kraftwerke stillzulegen, die einen hohen Wirkungsgrad haben, aber einen vermeintlich teureren Strom produzieren, halte ich für eine reichlich abwegige Maßnahme.
Zum einen ist Atomstrom ja alles andere als preiswert, und das sollte man auch sprachlich klarmachen, indem man je nach Standpunkt statt von „billigem Atomstrom“ von „unter dem realen Preis verkauften Atomstrom“ oder „implizit gesellschaftlich subventionierten Atomstrom“ redet. Eine seriös wirtschaftende Firma müsste ja eigentlich Rücklagen für die Entsorgung, für Störfälle und weitere ökologische Folgekosten der Technologie, die sie zur Stromerzeugung einsetzt, bilden, was ohne Zweifel Kernenergie konkurrenzlos teuer machen würde. Demnach kann ein niedrigerer Atomstrompreis nur realisiert werden, indem diese Folgekosten auf die Gesellschaft abgewälzt werden.
Mit anderen Worten, der Nichtkernkraftstrom ist keineswegs zwangsläufig teurer. Zum anderen werden sich bei einem „liberalisierten“ Strommark kaum Unternehmen langfristig halten können, die nicht in zukunftsträchtige und innovative Technologien investieren, zu denen man die bei der momentanen Preisverzerrung günstige Kernkraft wohl kaum rechnen kann. Die Situation ist für die Ex-Monopolisten gar nicht so ungünstig. Würden diese Unternehmen den vollständigen Verzicht auf Atomstrom erklären (hier ist „vollständig“ wichtig, denn eine wenig transparente Mischkalkulation, bei der neben Strom aus AKWs auch – zu einem höheren Preis – Strom aus regenerativen Quellen verkauft wird, stellt wohl kaum eine verlockende Alternative für die KundInnen dar) und sich ökologisch verträglicheren Produktionstechniken zuwenden, ließe sich sicherlich der damit verbundene (hoffentlich kurzfristige) Mehrpreis, verglichen mit dem „unter dem realen Preis verkauften Atomstrom“, gegenüber deR KundIn rechtfertigen und mit werbewirksamen Maßnamen à la „Atomstrom ist gelb ...“ (schließlich ist ja auch das Warnsymbol für radioaktive Substanzen schwarz auf gelb) „... der Strom der Bewag ist grün“ für eine entsprechende Akzeptanz sorgen. Der Preis ist ja schließlich nur eines von mehreren Kriterien für die Auswahl des Stromlieferanten; das sollte auch der Senat berücksichtigen.
Die Stadtwerke sind dabei gegenüber einem neu auf den Markt tretenden Ökostromanbieter schwer im Vorteil, da Erstere schon über einen großen Kundenstamm verfügen, den Letztere erst mühsam abwerben müssten. Schon verwunderlich, dass diese Chance nicht entsprechend genutzt wird. Robert Berger, Zürich, Schweiz
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