: Plenum wird nicht sitt
Was tun? Der Wein für die Bürgerschaft wurde geklaut, die Sitzungen bleiben langweilig ■ Von Peter Ahrens
Es hätte alles so schön werden können. CDU-Hardliner Karl-Heinz Ehlers und Regenbogen-Mann Lutz Jobs hätten ein Fläschchen Wein nach dem anderen gekippt und sich irgendwann in den Armen gelegen. GAL-Frau Anja Hajduk hätte nach dem vierten Glas ausgelassen gelacht und nur noch gegiggert: „Ich bin so sitt“, der SPD-Wirtschaftsexperte Werner Dobritz hätte auf dem Tisch des Abgeordneten-Platzes Mambo getanzt. Die Bürgerschaftssitzung als Fest für alle Sinne – dem Weine sei Dank. Aus, vorbei, vorüber – es wird in diesem Jahr keinen Wein für die Bürgerschaft geben. Die Reben sind geklaut.
Bürgerschaftspräsidentin Ute Pape hatte gestern die traurige Pflicht, die Öffentlichkeit zu informieren. „Das ist wirklich ein Schock für uns. Ich bin menschlich tief enttäuscht“, verkündete sie per Fax. Am Samstag wäre offiziell die Ernte gewesen, Stintfang Südhang, Jahrgang 1999. Alles war vorbereitet, das Weingut in der Nähe von Stuttgart mit dem Keltern beauftragt, mindestens 25 Liter hätte man da herausholen können, schätzen die baden-württembergischen Experten – doch dann kam das Böse in unbekannter Gestalt, schnitt die Reben ab und machte sich mit der Beute davon. Ein Zentner Trauben der Rebsorten Phoenix (weiß) und Regent (rot) sind jetzt irgendwo in dieser Stadt verborgen oder, schlimmer gar, aufgezehrt.
Irgendwer möchte offenbar, dass die Abgeordneten nicht den Stand der Wahrheit erreichen, der ja im Weine liegt. Schon vor zwei Jahren war der Weinberg kurz vor der Lese leergeräumt worden. In der Pressemitteilung wird vage von „dunklen Machenschaften“ geraunt. Es muss jemand sein, der den Hamburger PolitikerInnen den Genuss nicht gönnt. Edmund Stoiber, der ewige Schuft? Helmut Schmidt, der Preuße? Stefan Aust, der Miesmacher?
Nun wird es also im Parlament wieder so bleiben, wie es ist. Die Abgeordneten werden nach Sitzungsende lustlos am Bier der Bavaria-St.Pauli-Brauerei herum-nuckeln, die Stimmung bleibt niedergedrückt, und die Bürgerschaftssitzungen versinken in der vielbeklagten Langeweile: Gesetz über die Gewährung einer Einmalzahlung an Versorgungsberechtigte nach dem ersten Ruhegeldgesetz.
Nur Bürgermeister Ortwin Runde macht das alles nichts aus. Der ist bekanntlich Astra-Typ.
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