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Fernseher für eine Mark

■ Noch gibt es 20 bis 25 Prozent Überkapazitäten auf dem Strommarkt

Auf dem Strommarkt ist der Kunde über Nacht zum König geworden: Umworben mit Fernsehgeräten zum Preis von einer Mark, verbilligten Eintrittskarten für Zoo, Schwimmbad, Theater und Kino hat der Verbraucher nun die Wahl. Millionenschwere Werbekampagnen propagierenden gelben Strom der Marke „Yello“, blauen Strom der „Qualitätsmarke Avanza“ oder auch grünen „Öko-Strom“. Im Rennen um eine gute Ausgangsposition in dem erst vor wenigen Monaten mit Wucht eröffneten Wettbewerb zeigen die bislang eher als schwerfällig geltenden Energieversorger bislang unbekannten Einfallsreichtum.

Strom kommt zwar vom zuständigen Elektrizitätsversorger, kann aber bei diversen Zwischenhändlern beim Shopping im Warenhauskatalog zusammen mit dem neuen Pullover bestellt werden. „Die Leute probieren jetzt alles Mögliche aus. Das wird künftig auf dem Strommarkt normal sein“, sagte der Leiter des Bremer Energie Instituts, Professor Wolfgang Pfaffenberger. Doch „König Kunde“ profitiert auf dem Strommarkt derzeit nicht nur vom Wettbewerb sondern ebenso von riesigen Überkapazitäten .

Branchenkenner wie der Energieexperte des Essener Rheinisch-Westfälischen Instituts für Wirtschaftsforschung (RWI), Bernhard Hillebrand, schätzen den Umfang der derzeit in Deutschland vorhandenen Überkapazitäten auf „20 bis 25 Prozent“ des Strommarkts. „Wenn das Problem der Überkapazitäten gelöst ist, wird es diese merkwürdigen Angebote nicht mehr geben“, meint Hillebrand.

Doch auf kurze Frist rechnen Branchenkenner zunächst nicht mit entsprechenden Stilllegungen im überdimensionierten Kraftwerks-Park der deutschen Energieversorger. Die eigentliche Strom-Beschaffung kostet nach Branchenberechnungen nur Pfennigbeträge im Vergleich zu Strom-Durchleitung, Konzessionsabgabe sowie Energie- und Mehrwertsteuer. „Das wird so langsam ein bisschen wie beim Benzin“, meint Energie-Experte Pfaffenberger unter Hinweis auf die Steuerlast. In der Kalkulation der Energieversorger seien noch „zwei bis drei Pfennig Luft“. . dpa

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