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Nimbus der Unbesiegbarkeit hält

Die NBA-Meister der San Antonio Spurs kommen beim Basketball-Turnier der Champions trotz einiger Probleme am Ende ungeschoren davon    ■ Aus Mailand Thorsten Schabelon

Am Schluss blieb doch alles beim Alten: Wenn eine NBA-Mannschaft gegen eine Nicht-NBA-Mannschaft antritt, gewinnt immer die NBA-Mannschaft. So auch bei den diesjährigen McDonald's Championships, der von NBA und Weltverband FIBA ausgerichteten, inoffiziellen Basketball-Vereinsweltmeisterschaft in Mailand. Nach ihrem wackligen Halbfinalsieg gegen Varese waren die San Antonio Spurs bei der Erfüllung ihrer „Mission Possible“ wie verwandelt zum Endspiel gegen Südamerika-Champion Vasco da Gama aus Brasilien angetreten. Abspiele kamen sicher an, die Abwehr stand, hier und da gab es spektakuläre Einlagen, und am Ende leuchteten 35 Punkte Vorsprung auf der Anzeigetafel. „Spurs Ball“ eben, wie es Aufbauspieler Avery Johnson nach dem Spiel nannte. Der deutliche 103:68-Erfolg des NBA-Meisters entschädigte die etwa 10.000 Zuschauer zumindest halbwegs für die dürftige Leistung der Amerikaner am Vortag.

Neben der Turniertrophäe nahm Nachwuchsstar Tim Duncan für seine solide Finalleistung – 32 Punkte, 18 Rebounds – auch gleich noch die Trophäe für den wertvollsten Spieler des Turniers mit. „We're very, very, very, very, very happy“, hatte San Antonios sichtlich erleichterter Trainer Gregg Popovich nach dem 96:86-Halbfinalsieg gegen Italiens Meister Varese Roosters geseufzt. Über 41 der 48 Minuten musste das NBA-Team da einem Rückstand hinterherlaufen, der bis zu 14 Punkte betrug. Durchgehend überzeugen konnten bei San Antonio nur die Silver Dancers, die mitgebrachten Cheerleader des Clubs.

Am Ende half den Spurs jedoch, dass die Mannschaft aus Varese, bei der der deutsche Nationalspieler Denis Wucherer mit 14 Punkten glänzte, in dem über NBA-Spielzeit (48 Minuten) gehenden Match Mut, Raffinesse und Kraft fehlte, um McDonald's-Championship-Geschichte zu schreiben und erstmals ein NBA-Team zu schlagen. Bei den Spurs enttäuschte im ersten Spiel besonders das als „Twin Towers“ bekannte Duo David Robinson und Tim Duncan. Beide trafen gerade ein knappes Drittel ihrer Würfe. Tim Duncan holte zwar 16 Rebounds, verwandelte aber nur 5 von 12 Freiwürfen und schimpfte des öfteren wie ein Rohrspatz mit sich selbst sowie seinen Mitspielern. Zur Pressekonferenz nach dem Spiel kam er gar nicht.

Dort lobten dafür die anderen Spieler der Spurs brav ihre Gegner und suchten keineswegs nur nach Entschuldigungen für die eigene schwache Leistung. „Sie haben uns alles abverlangt“, sagte Mario Elie gleich zweimal und schob das obligatorische Lob „Sie haben ihren Job großartig gemacht“ hinterher. David Robinson gewann dem Spiel sogar noch positive Aspekte ab. „Das sind die engen Spiele, die wir als Team gewinnen. Mit solchen Siegen bekommen wir Vertrauen, und unsere Mannschaft wächst zusammen.“ Ob der oft beschworene Klassenunterschied zwischen der NBA und dem Rest der Welt allerdings weiter geschrumpft ist, bleibt trotz des Lobs für die Italiener fraglich. Die Amerikaner, noch am Anfang der Saisonvorbereitung, hatten sich kaum über ihre Gegner informiert. So gab David Robinson zu, keinen Spieler einer anderen Mannschaft zu kennen.

Neben den San Antonio Spurs waren die Mannschaften aus Asien und Südamerika die eigentlichen Sieger in Mailand. Sagesse (Libanon) belegte zwar am Ende nur den letzten Platz der sechs Teams, hatte aber als erster asiatischer Teilnehmer in der Geschichte des Turniers begeisterungsfähige Fans und gefälliges Spielniveau mitgebracht. Die Mannschaft aus Rio de Janeiro konnte sich als erstes südamerikanisches Team für ein Finale qualifizieren. Sozusagen als kleine Belohnung ist es deshalb für NBA-Commissioner David Stern denkbar, dass die nächsten McDonald's Championships 2001 nicht mehr in Europa, sondern in Südamerika oder Asien stattfinden.

Stern relativierte beim Thema „NBA Global“ auch gleich seine vor kurzem gemachte Aussage, möglicherweise innerhalb der nächsten fünf Jahre eine NBA-Tochterliga in Übersee zu gründen. „Pläne für eine Tochterliga außerhalb der USA existieren derzeit nicht“, sagte er in Mailand. Erst einmal werde die NBA mittelfristig daran arbeiten, eine so genannte „Minor League“ in den USA zu etablieren. Diese wird entweder neu gegründet oder aus einer engeren Kooperation mit der bestehenden CBA (Continental Basketball Association) entstehen. Sofern sich diese Liga gut entwickelt, spekulierte der geschäftstüchtige Commissioner weiter, könnten deren Mannschaften aber durchaus am Spielbetrieb anderer Ländern teilnehmen.

Ausreichend Ressourcen und Potenzial für eine weitere Expansion außerhalb der USA besitzt die NBA bereits. In den existierenden neun Büros außerhalb der USA, ein zehntes in München ist in Planung, arbeiten schon jetzt mehr Mitarbeiter als für die drei anderen amerikanischen Profiligen in Übersee zusammen. Zudem werden mit einem NBA-Themencafé und Web-TV stetig neue und zukunftsträchtige Geschäftsfelder erschlossen. Dank TV-Präsenz, verschiedenster Events, Einlagespielen, Nachwuchsturnieren etc. von Schweden über Israel und Südafrika bis nach Taiwan und Australien geht bereits jetzt im NBA-Reich die Sonne kaum unter.

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