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Für die Linke „akzeptabel“

■ Das französische Parlament berät heute erneut das Gesetz zur 35-Stunden-Woche

Paris (taz) – Schneller als erwartet und in rund 100 Details verändert, liegt der französischen Nationalversammlung heute das zweite Gesetz zur 35-Stunden-Woche zur Abstimmung vor. Es regelt die Fristen für die Arbeitszeitverkürzungen, die Subventionen für ArbeitgeberInnen und die neuen Bedingungen für die Beschäftigten.

SprecherInnen von KPF, Grünen und der sozialistennahen Bürgerbewegung (MDC) nennen das Gesetz nunmehr „akzeptabel“.

In den vergangenen Tagen hatten die drei linken Formationen, die in der rot-rosa-grünen Regierung vertreten sind, sowohl im Parlament als auch auf der Straße gegen den ursprünglichen Gesetzentwurf der sozialistischen Arbeitsministerin Martine Aubry protestiert. Am Samstag brachten sie in Paris mit starker Unterstützung der nur im Europaparlament vertretenen trotzkistischen Parteien LCR und LO und einiger Gewerkschaften die größte sozialpolitische Demonstration seit den Streiks des Jahres 1995 zustande.

Auch die ArbeitgeberInnen können mit dem Gesetz, an dessen Annahme in erster Lesung es keine Zweifel gibt, wohl leben. Sie ärgert zwar, dass es „dirigistisch“ sei, da es die Einführung der 35-Stunden-Woche ab dem Jahr 2002 für sämtliche Betriebe – auch die kleinen – vorschreibt. Der großzügige Geldsegen für arbeitszeitverkürzende UnternehmerInnen freilich entschädigt sie.

Das Gesetz sieht nun vor, dass die Subventionen an die Zusage der ArbeitgeberInnen gekoppelt sind, entweder neue Arbeitsplätze zu schaffen oder alte zu sichern. Die staatliche Unterstützung für ArbeitgeberInnen fällt umso höher aus, je niedrigere Löhne gezahlt werden. Nach der Logik von Arbeitsministerin Aubry wird so die Schaffung neuer Arbeitsplätze erleichtert. GewerkschafterInnen, die seit Beginn des Jahrzehnts beobachten, wie die Zahl der NiedriglohnempfängerInnen ständig steigt, befürchten, dass die Löhne weiter sinken werden. Im Gegensatz zum ursprünglichen Gesetzentwurf ist jetzt vorgesehen, dass Pipi-Pausen, das Mittagessen, die Umzieh-Zeiten und die berufliche Fortbildung weiterhin Teil der gesetzlichen Arbeitszeit bleiben.

Neben den EmpfängerInnen des auf Stundenbasis berechneten Mindestlohns (SMIC), der gegenwärtig bei rund 1.600 DM pro Monat liegt, und nach Einführung der 35-Stunden-Woche in Zukunft noch langsamer steigen wird, könnten auch die leitenden Angestellten zu den VerliererInnen der Reform gehören. Denn sie sollen zwar künftig 16 bis 26 zusätzliche Urlaubstage pro Jahr bekommen, doch regelt das Gesetz nicht ihre Jahresarbeitszeit. Kürzer wird sie dadurch bestimmt nicht.

Dorothea Hahn

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