: Berlin ist die Hauptstadt der Umweltsünder
■ In der Stadt werden überdurchschnittlich viele Umweltdelikte registriert, doch die Aufklärungsquote ist sehr gering. Deshalb fordern die Grünen mehr Grün auf der Straße
Bei Umweltdelikten ist Berlin nach Ansicht der Grünen das Sorgenkind der Bundesrepublik und ein „Eldorado für Kriminelle“. Der umweltpolitische Sprecher der Grünen-Fraktion, Hartwig Berger, kritisierte gestern, im Ländervergleich verzeichne Berlin den höchsten Zuwachs an Umweltstraftaten und -vergehen. Die Stadt stünde im bundesweiten Vergleich mit Schleswig-Holstein und Sachsen-Anhalt an der Spitze. Darüber hinaus sei die Aufklärungsrate mit Abstand am niedrigsten, sagte er unter Berufung auf statistische Erhebungen des Umweltbundesamtes.
Danach sind 1997 knapp 3.800 Umweltdelikte festgestellt worden. Bundesweit registrierten die Behörden rund 40.000. In Berlin wurden also rund 9,5 Prozent aller Umweltdelikte in Deutschland aktenkundig – bei einem Bevölkerungsanteil von 4,2 Prozent. In Hamburg dagegen verzeichneten die Umweltfahnder nur 2,8 Prozent der Delikte bei einem Bevölkerungsanteil von 2,1 Prozent.
Nach Ansicht Bergers ist der Zuwachs der Straftaten alarmierend. Im vergangenen Jahr stieg die Zahl der festgestellten Umweltsünden in der Haupstadt um 18,5 Prozent auf 4.500 Delikte. Dem steht eine extrem geringe Aufklärungsqote gegenüber. Sie lag 1997 in Berlin bei 24 Prozent, die Bundesquote bei 59 Prozent. Im vergangenen Jahr sank die Aufklärungsquote in der Hauptstadt auf 16 Prozent. Berger: „Diese Bilanz ist niederschmetternd.“
Die Zahlen, die das Umweltbundesamt veröffentlicht hat, beziehen sich auf Straftaten gegen die Umwelt nach den Paragrafen 324 bis 330 des Strafgesetzbuchs. Es geht dabei um Gewässer-, Boden- und Luftverunreinigung, vor allem aber um unerlaubtes Entsorgen von Abfällen.
Zur „umweltgefährdenden Abfallbeseitigung“ zählt aber nicht nur die illegale Entsorgung von Sondermüll. Eine weggeworfene Autobatterie oder ein liegen gelassener Altölkanister ist danach ebenso ein Corpus Delicti wie ein Kühlschrank oder Fernseher, der auf dem Gehweg abgestellt wird. Knapp 4.300 Fälle solcher Fälle wurden 1998 festgestellt. Nach Darstellung der Innenverwaltung sind dies Delikte, die „erfahrungsgemäß nur geringe beziehungsweise keine Ermittlungsanhalte zur Feststellung von Tatverdächtigen bieten“. Ein gestiegenes Anzeigeverhalten der Bevölkerung sowie die Verstärkung polizeilicher Maßnahmen im Rahmen der Aktion „Saubere Stadt Berlin“ habe dazu geführt, dass die Zahl schwer aufklärbarer Straftaten angestiegen sei. Mit steigender Fallzahl sinke die Aufklärungsquote, argumentiert die Innenverwaltung.
Hartwig Berger möchte dennoch allen Umweltsündern auf die Schliche kommen. Sein Motto: „Mehr Grün auf die Straße.“ Durch Personaleinsparungen in anderen Bereichen müsse der operative Teil der Umwelt-Kripo verstärkt werden. Richard Rother
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