■ Indonesiens neuer Präsident verhindert fürs erste neue Unruhen: Ein positives Signal
Ein vorzeitig gealterter Mann, der kaum einen Schritt allein gehen kann und der zudem so gut wie blind ist – das soll der Mann sein, der Indonesien aus der wirtschaftlichen Krise geleitet? Dieser Mann will das Land mit seinen 210 Millionen Einwohnern aus dem Griff der alten, korrupten Elite befreien und vor dem Zerfall bewahren?
Als der neue Präsident, Abdurrahman Wahid, kurz nach der Wahl am Mittwoch ins Amt eingeführt wurde, schien die Szene voller politischer Symbolik: Ein Offizier, sein neuer Adjutant, flüsterte ihm die Worte für den Amtsschwur vor, während Wahid so tat, als lese er aus dem Dokument ab, das vor ihm lag. Und als er die Urkunde unterzeichnen wollte, musste seine Hand an die richtige Stelle geführt werden.
Was das alles bedeutet, wird sich in den nächsten Tagen herausstellen. Ist diese Wahl trotz der körperlichen Schwäche des neuen Präsidenten nicht nur die Stunde seines größten persönlichen Triumphes, sondern zugleich der Anfang einer neuen, demokratischen Ära in Indonesien? Oder hat er sich als Marionette in die Hand jener Kräfte aus dem Militär, der alten Golkar-Elite und konservativen Muslime gegeben, die ihm mit ihren Stimmen zum Erfolg verholfen haben? Was hat er ihnen im Gegenzug für seine Wahl versprochen?
Seine ersten Schritte sind immerhin ermutigend: Gegen heftigen Widerstand aus den Reihen muslimischer konservativer Parteien und Teilen der alten Elite hat er es gestern geschafft, Megawati Sukarnoputri in seine Regierung zu holen – und so einen wichtigen Teil der Opposition an sich zu binden. Damit hat er der Gefahr einer weiteren religiösen Polarisierung und neuer Unruhen zunächst einmal die Spitze abgebrochen. Das ist in diesen unsicheren Tagen in Indonesien bereits ein Lichtblick. Jutta Lietsch
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