: Militärgeschichte und Geschlechterforschung
Militärgeschichte war lange eine reine Männerdomäne. Männliche Geschichtsschreiber ließen sich über männliche Militärs aus, ohne einen Gedanken daran zu verschwenden, warum nur ihr Geschlecht an Kriegen, Siegen, Schlachtengetümmel beteiligt war. Umgekehrt scheuten auch Frauen lange vor dem blutigen Stoff zurück und tummelten sich allenfalls in der Friedensforschung. Derart reproduzierte sich die alte Ideologie von den „kriegerischen“ Männern und den „friedlichen Frauen“.
Seit den Sechzigerjahren allerdings bröckelt die traditionelle Zunft der Schlachtenschreiber. Kritische Töne sind lauter geworden, sozial-, alltagsgeschichtliche und geschlechtertheoretische Ansätze folgten. Der 1995 gegründete „Arbeitskreis Militärgeschichte e. V.“ mit Sitz im Historischen Seminar der Universität Freiburg mit seiner Zeitschrift Newsletter ist hierfür ein gutes Beispiel.
Dass die Kategorie „Gender“ in die Militärforschung Eingang fand, dafür sorgte auch das „Zentrum für Interdisziplinäre Frauen- und Geschlechterforschung“ an der Technischen Universität Berlin. Seine rührigen Mitarbeiterinnen haben mit dem aktuellen Colloquium Geschlechter-Kriege nunmehr schon die zweite ebenso erfolgreiche wie überlaufene Tagung zu diesem Themenkreis organisiert. Die erste, die in Kooperation mit dem Potsdamer „Arbeitskreis Militär und Gesellschaft in der Frühen Neuzeit“ im November 1997 stattfand, trug den Titel „Militär, Krieg und Geschlechterordnung im historischen Wandel“. Die Ergebnisse sind in dem jüngst erschienenen Sammelband „Landsknechte, Soldatenfrauen und Nationalkrieger“ nachzulesen, herausgegeben von Karen Hagemann und Ralf Pröve.
Das TU-Zentrum für Geschlechterforschung wurde Ende 1996 unter anderem zu dem Behufe gegründet, die „Männlichkeit“ der an einer Technischen Universität gelehrten Fächer in eigenen Lehrveranstaltungen und Forschungsprojekten zu hinterfragen. Obwohl personell und finanziell nur sehr dünn ausgestattet, hat es dennoch erreicht, sich binnen dreier Jahre eine hohe Reputation weit über Berlin und Deutschland hinaus zu verschaffen. Seine Veranstaltungen zur Geschlechterforschung stehen Studentinnen und Studenten gleichermaßen offen. Die Mehrzahl davon sind Geisteswissenschaftlerinnen, aber die Naturwissenschafts- und die Männerquote nehmen langsam zu. Ute Scheub
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