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Kreuzzug der Desolaten

Scientology wirbt in Hamburg für Toleranz gegenüber sich selbst – und stürmt Infostand ihrer Kritiker. Neues Hauptquartier in der City  ■ Von Eberhard Spohd

Scientology hat sich gestern vehement in Hamburgs Öffentlichkeit zurückgemeldet. Mit großem Starauftrieb feierte die Organisation, die unter Beobachtung des Hamburger Verfassungsschutz steht, am Alsteranleger das Ende ihres „Europäischen Marathons für Menschenrechte“. Über 4500 Kilometer und durch sieben Länder war eine „Fackel der Freiheit“ von Athen nach Hamburg getragen worden. Mit diesem „Kreuzzug“ wollten etwa 1500 Anhänger „die Allgemeine Erklärung der Menschenrechte der Vereinten Nationen stärker ins Bewußtsein der Öffentlichkeit rücken und für Religionsfreiheit eintreten“.

Das verwundert nicht, versteht sich die umstrittene Organisation doch selbst als Kirche und fühlt sich in Deutschland diskriminiert. „Es ist kein Zufall, dass Scientology Hamburg als Zielort ihres Marathons gewählt hat“, erklärt Manfred Murck, stellvertretender Amtsleiter des Landesamtes für Verfassungsschutz, „schließlich sitzt hier die Vorzeigezentrale Europas.“

Murck geht davon aus, dass es in der Hansestadt um die 1000 Mitglieder gibt und diese Zahl seit Jahren konstant ist. Scientology finanziere sich immer noch über die Gebühren für ihre Kurse und den Verkauf von Broschüren oder Büchern. Ein Standbein sei der Organisation allerdings weggebrochen: „Die zahlungskräftigsten Mitglieder kamen lange Zeit aus der Bau- und Immobilienbranche.“ Wegen deren Krise gebe es wirtschaftliche Probleme. Die gestrige Veranstaltung bezeichnete Murck als „Protest-, aber auch als Werbeveranstaltung“.

Dem stimmt auch Ursula Caberta zu. Die Leiterin der Arbeitsgruppe Scientology der Innenbehörde wirft der Organisation vor, ihre wahren Beweggründe zu verschleiern: „Bei der Veranstaltung werden die Ziele hinter Formulierungen versteckt, die für Normalbürger unbedenklich klingen.“ Hinter dem angeblichen Einsatz stecke in Wirklichkeit aber etwas anderes: „Die Scientologen wollen Werbung machen.“

Seit sieben Jahren klären Caberta und ihre Arbeitsgruppe in Hamburg über Scientology auf. Entsprechend unflätig benahmen sich die Mitglieder der Organisation am Stand, den die Arbeitsgruppe gestern aufgebaut hatte. Sie rissen Informationsblätter vom Büchertisch, und einer bespuckte gar einen Flugblattverteiler. „Wer sich so verhält“, kommentierte Caberta, „muss nervös sein.“ Es sei durch die Arbeit ihres Referats gelungen, dass der Zustand der Organisation in Hamburg desolat sei.

Dem widersprach die Präsidentin von Scientology Hamburg, Gisela Hackenjos. Sie gab gestern bekannt, dass die Organisation Ende November in eine neue Zentrale in der City ziehen werde (siehe rechts). Über den Besitzer des gemieteten Objekts wollte sie aber ebensowenig Auskunft geben wie über die Höhe der Miete für die mehr als 3000 Quadratmeter: „Über Geld reden wir nicht. Das haben wir, oder wir haben es nicht. Meistens haben wir es.“

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