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Wer nicht trifft, muss trotzdem nicht weinen

■ Alba Berlin verliert in der Basketball-Europaliga gegen Panathinaikos Athen

Berlin (taz) – Beate Koch, Ehegattin des Basketballers Michael Koch, musste „schon ein wenig grinsen“, als sie die Berliner Gazetten vor dem Spiel von Alba Berlin gegen Panathinaikos Athen studierte. Dankbar war da die kühne Ankündigung von Trainer Svetislav Pesic, man werde die Mannschaft sein, die den Griechen die erste Saisonniederlage beibringt, aufgegriffen, breitgewalzt und ausgeschmückt worden. Die Wirklichkeit war dann eher grau.

Von der ersten Minute an beherrschten die Athener vor 7.222 Zuschauern in der Max-Schmeling-Halle das Geschehen auf dem Spielfeld und gewannen am Ende ohne große Mühe mit 73:54. Michael Koch, der 1993 mit dem von Svetislav Pesic betreuten deutschen Team Europameister wurde und inzwischen der dienstälteste Spieler bei Panathinaikos ist, trug mit drei verwandelten Dreiern und insgesamt elf Punkten brav sein Scherflein zum Erfolg der Athener bei, für die der Trip nach Berlin nicht mehr als eine Routineaufgabe darstellte. Panathinaikos-Coach Zeljko Obradovic rang sich noch ein knappes Lob für die „aggressive Defense“ der Berliner ab, um dann eilig zu entschwinden und sich auf schwierigere Prüfungen für sein Team zu konzentrieren – zum Beispiel das morgige Match gegen Paok Saloniki in der griechischen Liga.

„Wir müssen nicht weinen“, ist einer der Lieblingssätze von Svetislav Pesic, und diesmal flossen ihm die Gelassenheitsbekundungen besonders locker von den Lippen. Eine Niederlage gegen Athen ist trotz aller von ihm selbst angeheizten Supermachtfantasien im Berliner Blätterwald der Normalfall, die Fähigkeit, an glorreiche Errungenschaften früherer Zeiten anzuknüpfen, muss sich das aktuelle Alba-Team erst noch erarbeiten. „Wir leben nicht von der Vergangenheit“, sagt Pesic, „sondern müssen uns auf die Gegenwart konzentrieren.“

Die sieht zumindest auf europäischer Ebene nicht sonderlich rosig aus. Während Alba in der Bundesliga unangefochten an der Spitze steht, wurde von fünf Europaligapartien erst eine, gegen Zalgiris Kaunas, gewonnen. Und nächste Woche kommt mit Tofas Bursa eine Mannschaft, die Pesic für noch stärker hält als Panathinaikos. Die Chance, einen der drei ersten Plätze in der Gruppe B zu erreichen und sich damit leichte Gegner in Runde zwei zu sichern, scheint gering. Wahrscheinlicher ist, dass es Alba mit Teams wie FC Barcelona, Benetton Treviso oder Paok Saloniki zu tun bekommt, was das Erreichen des Achtelfinales – Saisonziel Nummer eins neben der deutschen Meisterschaft – zu einer kniffligen Aufgabe geraten lässt.

Svetislav Pesic können solche Aussichten nicht schrecken. „Wenn wir richtig treffen, können wir auch wieder gegen große europäische Mannschaften gewinnen“, ist der Coach überzeugt. Die Trefferquote gegen Panathinaikos war mit 34 Prozent in der Tat erbärmlich. Der neue Spielmacher Frankie King wahrte zwar mit 20 Punkten in etwa seinen Europaligaschnitt, brauchte dazu aber viel zu viele Würfe und schaffte es kaum, seine Mitspieler in Szene zu setzen. Center Patrick Femerling konnte sich unter dem Korb nur selten gegen den überragenden Zeljko Rebraca durchsetzen, Henrik Rödl war mit der Bewachung von Dejan Bodiroga voll ausgelastet, und Ademola Okulaja brachte überhaupt nichts zu Stande.

Das auf wichtigen Positionen neu formierte Team braucht noch Zeit, um die Harmonie zu entwickeln, die nötig ist, um Topteams wie Panathinaikos Athen, bei deren neuem Trainer Obradovic Michael Koch wieder erheblich mehr Spielzeit bekommt als zuvor, ins Schwitzen zu bringen. Da aber bei der Neuordnung der Europaliga auch der Abstieg abgeschafft wurde, gibt es keinen Grund zur Panik. „Wir sind überhaupt nicht unter Druck“, sagt Svetislav Pesic. Einen Sieg gegen Tofas Bursa nächste Woche mochte er diesmal allerdings lieber nicht ankündigen.

Matti Lieske

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