piwik no script img

Möge es in der Realität nicht so geschehen

betr.: „Zombiezuchtfarm Eigenheim“, taz vom 26. 10. 99

Ich fand die Inszenierung des Stückes „Wer“ sehr gelungen und adäquat umgesetzt. Für mich „funktionierte“ das Theaterstück nicht nur „in den kurzen Momenten, in denen der Zuschauer irritiert den Realitätsgehalt auszumachen sucht“. [...] Weder war ich irritiert, noch hatte ich Zweifel, dass das Geschilderte nur das Ergebnis familiären Missbrauchs sein kann, auch wenn diese Unsicherheit vom Autor erwünscht gewesen sein sollte.

Ich fand das Dargestellte zwar ganz entsetzlich und erschreckend, aber vor allen Dingen tief berührend und leider psychologisch nachvollziehbar. Symptomatisch, dass dann auch hier (ähnlich wie im richtigen Leben) der Wahrheitsgehalt der Betroffenen immer wieder in Frage gestellt wird. Selbst im Zusammenhang mit den Worten „ist man ... überzeugt“, folgt dann von der Kritikerin doch wieder im Nebensatz die anzweifelnde Konjunktivform. Es ist nur allzu verständlich, dass man – selbst wenn man nur Betrachter ist – solche Dinge nicht wahrhaben will, aber grausamerweise passieren sie doch.

Das Stück bringt genau dieses von der Kritikerin in Frage gestellte Wagnis, verschiedene Varianten psychischer Ergebnisse von Kindesmissbrauch, der nicht zwangsläufig sexueller Ausprägung sein muss. Missbrauch, der eine Persönlichkeitsbildung verhindert und genau zur Fragestellung im Titel des Stückes führen kann: „Wer“ bin ich eigentlich. Möge es in der Realität nicht so geschehen, wie hier dargestellt; aber auch dafür werden solche Stücke möglicherweise auf die Bühne gebracht. Susanne Kleiber, Hamburg

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen