: Wo ist die Brücke zum regulären Arbeitsmarkt?
■ Das Schweriner Beschäftigungsprogramm, Lieblingsprojekt der PDS, wird auch langfristig am Tropf öffentlicher Alimentation hängen. Schwerpunkte Kultur und Soziales
Berlin (taz) – Den Begriff „öffentlich geförderter Beschäftigungssektor“ hat Mecklenburg-Vorpommerns Arbeits- und Bauminister Helmut Holter (PDS) vorsorglich aus seinem Vokabular gestrichen. Das zentrale Projekt seiner Partei in Sachen Arbeitsmarktpolitik bezeichnet er inzwischen lieber als „gemeinwohlorientiert“, um den Gegnern der rot-roten Koalition in Schwerin den Wind aus den Segeln zu nehmen.
20.000 neue Jobs hatten SPD und PDS bei Regierungsantritt im vergangenen November versprochen – die Zahl der Arbeitslosen liegt landesweit bei rund 40.000. Als Job-Lokomotive soll das Beschäftigungsprogramm für die Problemgruppen auf dem Arbeitsmarkt dienen. In einem regionalen Modellprojekt will die Koalition in Rostock, Güstrow und Bad Doberan 500 neue Arbeitsplätze im Bereich Jugendarbeit, soziale Dienste und Kultur mit staatlichen Geldern anschieben. Fraglich ist allerdings, ob das 10-Millionen-Mark-Programm tatsächlich eine Brücke zum ersten Arbeitsmarkt baut, wie Holters Sprecher Helfried Liebsch voraussagt.
Seit Juni sind zwar landesweit bereits 375 Jobsucher in den beiden Programmen „Soziokulturelle Dienstleistungen“ und „Infrastruktur“ untergekommen. Sie betreuen Computerkurse in Schulen, kümmern sich um Seemannsfamilien und bilden Tiere als Kotherapeuten in Kranken- und Pflegeheimen aus.
Um die Stellen kann sich jedoch nur bewerben, wer älter als 45 Jahre bzw. seit längerem arbeitslos ist. Eine Einschränkung, die Arbeitslosenverbände kritisieren. Doch die Kriterien, nach denen die Bundesanstalt für Arbeit das Programm im Rahmen der so genannten Strukturanpassungshilfen fördert, sind streng. Da kann auch die Landesregierung wenig ausrichten, ist sie doch auf die Gelder der Bundesanstalt angewiesen. Sämtliche Projekte werden von Bund, Land, Kommunen und der EU gemeinsam getragen.
Die Projektteilnehmer erhalten nur 80 Prozent des Tariflohns. Das sei der Weg in den Niedriglohnsektor, bemängeln Gewerkschafter. „Das wollen wir in jedem Fall verhindern“, sagt Ministeriumssprecher Liebsch. Anscheinend mit Erfolg, halten sich privatwirtschaftliche Unternehmen bei dem Programm doch bisher vornehm zurück. Die Schwerpunkte Kultur und Soziales sind keine wirklich neuen Bereiche, bestätigt Axel Troost vom Prognos-Institut für Wirtschaftsforschung, das den Pilotversuch betreut. Entscheidend sei, dass der eigens gegründete Beirat aus Arbeitgebern, Gewerkschaftlern und Vertretern des Arbeitsamtes den regionale Bedarf abstimme.
Seit das Bundessozialgesetzbuch im August geändert wurde, kann auch „wirtschaftsnahe Infrastruktur“ gefördert werden. Allerdings herrscht bei den Arbeitsämtern bisher noch Unklarheit, was unter diesem Begriff zu verstehen ist. So beschränken sich die geförderten Projekte auch weiterhin auf Nachbarschaftshilfe, Sportangebote und Altenbetreuung – Bereiche, die für die Privatwirtschaft nicht attraktiv sind.
Projektleiter Troost sieht denn auch langfristigen Zuschussbedarf. „Auch wenn man ihn noch so sehr qualifiziert, wird ein 50-Jähriger keine Chance mehr auf dem regulären Arbeitsmarkt haben.“ Dabei hatte Arbeitsminister Holter Wert darauf gelegt, dass mit dem Programm keine „sozialistische Schattenwirtschaft“ entsteht.
Nicole Maschler
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