: Kindliche Frage nach dem Warum
betr.: „Tabu wegdiskutiert“ (Sloterdijk-Diskussion) von Ursel Fuchs, taz.mag vom 23./24. 10. 99
[...] Eines steht wohl fest. So wie bisher kann es nicht weitergehen. Expertensysteme treiben Schindluder mit den ethischen Säulen unserer Kultur, wenn sich immer wieder wirtschaftliche Interessen durchsetzen können.
[...] Wir müssen viel intensiver Hintergründe von Entwicklungen kennenlernen, um Aussagen einer Zustandsfortschreibung vornehmen zu können. Die kindliche Frage nach dem Warum muss viel mehr in den Mittelpunkt gestellt werden. Das gilt auch für die Biomedizin. Hier überschneiden sich drei Begründungen: Ethikabweichler können als krank angesehen werden. Das rechtfertigt dann eine körperliche Vorausbestimmung, die aber nicht das Geringste mit körperlicher Selbstbestimmung zu tun haben kann, also auf Euthanasie hinausläuft. Grund zwei ist der wirtschaftlich triviale: wenn erst die Möglichkeit besteht, wird sich schon ein Absatzmarkt realisieren lassen. Der dritte Grund ist auch ein wirtschaftlicher: die globale Konkurrenz, auch wenn sie nur fiktiv ist. Der Wettstreit, die wirtschaftlichen Interessen rechtfertigen alles, egal ob ein Musterpanzer an die Türkei geliefert oder der Regenwald abgeholzt wird. Hier national Lösungen zu finden scheint gegenwärtig aussichtslos zu sein. Es sei denn, man wolle ein gegen den geltenden, scheinbar unbeschränkten Wettbewerb auf Dauer nicht lebensfähiges Gesellschaftssystem einführen. Und hier liegt auch das eigentliche organisatorische Dilemma. Wir müssen öffentlich grundsätzlich und systematisch nach dem Warum fragen, und zwar bis hin zur internationalen Umgebung, bis hin zur internationalen Legitimation und – Antworten finden. Dann enthüllt sich der kybernetische Regelkreis mit Ursache und Wirkung, Henne und Ei, Grundlage für gesellschaftliches Handeln, das in seiner Struktur dringend Erneuerung braucht! Klaus Anders, Soziologe, Oldenburg
Eine Koalition, die was bewegt: taz.de und ihre Leser:innen
Unsere Community ermöglicht den freien Zugang für alle. Dies unterscheidet uns von anderen Nachrichtenseiten. Wir begreifen Journalismus nicht nur als Produkt, sondern auch als öffentliches Gut. Unsere Artikel sollen möglichst vielen Menschen zugutekommen. Mit unserer Berichterstattung versuchen wir das zu tun, was wir können: guten, engagierten Journalismus. Alle Schwerpunkte, Berichte und Hintergründe stellen wir dabei frei zur Verfügung, ohne Paywall. Gerade jetzt müssen Einordnungen und Informationen allen zugänglich sein. Was uns noch unterscheidet: Unsere Leser:innen. Sie müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 50.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Es wäre ein schönes Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen