:
■ Transit I: „Der Rote Student“
Grenzübergang Helmstedt/Marienborn. Wir zu viert im alten VW, Raubdrucke holen bei den Genossen in Westberlin. Als Tauschware hatten wir eine Ladung Der Rote Student dabei, ökograuer Nachdruck einer KPD-Postille aus der Weimarer Zeit. Das gab Ärger bei der DDR-Grenzkontrolle.
Damals mussten noch alle Berlin-Fahrer den Kofferraum aufmachen, zeitraubende Routine. Unser Roter Student erschreckte die Grenzer wie ein Springteufel. Verdacht auf Verstoß gegen Gesetze § Soundso, Verbot des Transports staatsgefährdender Schriften etc. Also das Auto links raus, alle Klappen hoch. Lange Telefonate der Uniformierten vom Kontrollhäuschen in die hinteren Baracken. Der Politoffizier, als er endlich da war, bestätigte, dass wir keine DDR-feindliche Propaganda transportierten. Er grinste sogar ein bisschen in unser Grinsen hinein.
Kumpelhaftes Einverständnis der Systemdestabilisierer. Klappe zu und weiterfahren. Eine gute Weiterfahrt hat uns trotzdem keiner gewünscht.
Aus einer Leser-Geschichte von Helmut Kugler, Berlin
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen