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Das Öko-Gewissen

■ Seit zwei Jahren kümmert sich Rüdiger Gies um Umweltschutz im Krankenhaus Von Heike Haarhoff

„Ich will nicht zu einem Beauftragten degradiert werden, der den Krankenhäusern über die Öko-Schiene Einsparpotentiale aufzeigt.“ Wenn Rüdiger Gies über seinen Job als Umweltbeauftragter am Evangelischen Amalie-Sieveking-Krankenhaus (ASK) erzählen soll, beginnt er meistens mit einer Auflistung all der Tätigkeiten, für die er nicht zuständig ist: Als Krankenpfleger, zu dem der 39jährige vor Jahren im Sauerland ausgebildet wurde, arbeitet er schon lange nicht mehr, aus der Mitarbeitervertretung ist er inzwischen wieder ausgetreten, „weil ich es einfach nicht mehr geschafft habe“; der Job als Ausbilder von Nachwuchs-PflegerInnen schleift so nebenbei auf einer Viertelstelle mit. Der Krankenhausleitung ist Gies zwar direkt unterstellt, arbeitet aber „weitestgehend autonom“ und hat dennoch „alle Hände voll zu tun“: Seit zwei Jahren kümmert sich Rüdiger Gies ausschließlich um den Umweltschutz in dem 268-Betten-Haus im Hamburger Nordosten und ist damit einer der raren drei hauptberuflichen Wächter über das ökologische Gewissen an den insgesamt 45 Hamburger Kliniken.

Einen Großteil seiner Zeit verbringt Gies mit Öffentlichkeits- und Überzeugungsarbeit: „Es geht darum, den Angestellten klarzumachen, daß auch im Krankenhaus Müll vermieden und Energie gespart werden kann.“ Dazu gehöre beispielsweise, beim Bettenmachen – wenn es die Krankheit des Patienten zuläßt – auf die obligatorische Gummimatte zu verzichten, unnötige Operationsbestecke in der Schublade zu lassen, Müll getrennt zu sammeln, Essensreste nicht in die gewöhnliche Tonne, sondern lieber in den Schweinetrog zu befördern. „Wir brauchen dringend Planstellen für weitere freigestellte Umweltbeauftragte“, sagt der Sprecher der Hamburgischen Krankenhausgesellschaft, Siegmar Eligehausen. Denn obwohl Hamburgs Krankenhäuser mit 1,8 Kilogramm Abfall pro Bett und Tag im Bundesdurchschnitt (2,3 bis 3,3 kg) positiv abschnitten, „könnte noch viel mehr reduziert werden, wenn die Kassen Geld für entsprechende Stellen bereitstellen würden.“

„Inzwischen landen 50 Prozent unseres Mülls in der Tonne für wiederverwertbare Stoffe, und auch beim Einkauf achten wir darauf, Verpackungsstoffe zu vermeiden“, so Gies. Doch bis es zu dieser Akzeptanz unter den KollegInnen kam, mußte er einiges an Überzeugungsarbeit leisten: „Viele dachten, ich wolle sie bloß arrogant belehren.“

Rüdiger Gies möchte seinen Job trotzdem „unter keinen Umständen wieder abgeben“. Und wie zum Beweis, daß er seine Forderungen nach Ressourcen-Schonung auch ernst nimmt, hat der Umweltbeauftragte ganz freiwillig das winzigste Zimmer des Krankenhauses bezogen.

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